Die Brünette und der Blonde - tierischer Einsatz am Hülser Berg
Joke und Indigo sind Rückepferde. Im Auftrag der Stadt verrichten sie schwere Arbeiten im Wald.
Krefeld-Hüls. Dampfend stehen sie da. Das Fell nass vom Schweiß, die Hufe — groß wie Untertassen — in den aufgewühlten Waldboden gestemmt.
Joke und Indigo sind belgische Kaltblüter. Beide haben eine Widerristhöhe von etwa 1,65 Meter und wiegen ungefähr 800 Kilogramm. Joke, eine Stute, hat dunkelbraunes Fell. Mähne, Schweif und der für Kaltblüter typische Behang über den Hufen sind schwarz. Indigo, ein Wallach, hat hellbraunes Fell. Mähne, Schweif und Behang sind blond.
Obwohl die Brünette und der Blonde sich farblich sehr unterscheiden, sind sie von ähnlicher Größe und ähnlichem Gewicht. Das ist kein Zufall, sondern Absicht. Denn Joke und Indigo sind Kollegen: Sie sind Rückepferde und arbeiten im Auftrag der Abteilung Wald- und Forstwirtschaft des Fachbereichs Grünflächen in den kommunalen Wäldern.
Und für diese Waldarbeiten ist es entscheidend, dass sie gleich groß und gleich schwer sind — Gardemaß sozusagen. Ernst Winkmann, Forstarbeiter und Pferdeführer, erklärt: „Das ist wichtig, damit sie als Gespann arbeiten können.“
An diesem Tag aber arbeiten Joke und Indigo jeweils mit eigenem Rücke-Geschirr. „Sonst“, befürchtet Winkmann, „könnte es Kullersalat geben.“ Winkmann spricht von Sturzgefahr, denn heute sind die Rückepferde am Hülser Berg im Einsatz. Die geschlagenen Lärchenstämme, die die beiden rücken müssen, liegen daher auf einem steilen Hang. Sollte dort eines der Pferde stürzen, würde es das andere mitreißen.
Joke wartet deshalb am Polterplatz, wo die schon herbeigerückten Stämme liegen, während Indigo den Hügel erklimmt. Geführt wird er von Roman Dzulaj, Winkmanns Kollege. Oben angekommen, befestigt Dzulaj einen etwa zwanzig Meter langen Stamm an Indigos Kettengehänge. Dann geht es wieder hinab. Dzulaj gibt mit ruhiger Stimme Kommandos und Indigo setzt seine Hufe vorsichtig auf den abschüssigen Boden. Die beiden nehmen nicht den kürzesten Weg nach unten, sondern bewegen sich leicht schräg zum Hang, um zu verhindern, dass die schwere Fracht dem Pferd von hinten in die Beine rutscht. Der Stamm pflügt eine tiefe Furche in den Erdboden und zerbricht das Unterholz mit lautem Knacken.
Doch dann geht es plötzlich nicht weiter, der Stamm hat sich verkantet. Winkmann kommt mit einer Kettensäge herbei, um ihn zu halbieren. Indigo schaut kurz nach hinten, als der Benzinmotor zu dröhnen beginnt, bleibt aber auffällig gelassen.
„Das ist natürlich entscheidend, dass die Pferde bei solchen Geräuschen nicht unruhig werden“, betont Winkmann. Diese professionelle Gelassenheit sei daher auch ein wichtiger Punkt in der zweijährigen Ausbildungszeit zum Rückepferd.
Außerdem müssen sie natürlich Kommandos verstehen. Das seien im Wesentlichen sechs Stück, erklärt Winkmann: „Links, rechts, vorwärts, rückwärts, stehen bleiben und losgehen.“
Letzteres gibt Roman Dzulaj nun Indigo und der zieht die eine Hälfte des halbierten Stamms zum Polterplatz. Winkmann holt Joke und spannt sie vor die andere Hälfte des Stamms.
Und damit haben die beiden Pferde ihr Tagwerk verrichtet. Etwa 50 Stämme haben sie zum Polterplatz gerückt. Während Winkmann das Holz mit einem kleinen Trecker zu einem ordentlichen Polter schichtet, führt Dzulaj Joke und Indigo zum Pferdeanhänger. Darin werden die beiden zu dem Reitstall gefahren, in dem sie zur Untermiete wohnen. Dort werden sie dann gestriegelt und gefüttert.
Aber Indigo hat jetzt schon Hunger. Während Dzulaj ihn abschirrt, rupft er mit spitzen Lippen Brombeerblätter von den Zweigen zwischen seinen Hufen.