Heide als Wärme-Insel im Wald
Jugendliche helfen, den Hülser Berg grüner zu machen. Sie arbeiten an der frischen Luft, statt ihre fälligen Strafen abzusitzen.
Hüls. Mit großen Schaufeln lösen Erkan (16) und Hakan (17) auf der Kuppe des Hülser Bergs, gut 800 Meter südlich der Schänke, auf einer im Frühjahr gerodeten Fläche in dicken Schichten Waldboden ab.
Ugur (16) und Dennis (27) karren die damit beladene Schubkarre in den Wald und verteilen das Material.
Insgesamt sieben Jugendliche haben eine Woche lang hart gearbeitet, um die Weidefläche um fast 4000 Quadratmeter zu erweitern, die seit einigen Jahren angelegt wird.
Die Jugendlichen, so drückt sich Betreuer Günther Bolten von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) rücksichtsvoll aus, sind "jugendgerichtlich in Erscheinung getreten".
Sie haben zum Beispiel 40 Päckchen Zigaretten und zwei Flaschen Wodka gestohlen, Computerspiele mitgehen lassen oder einen "Freund" im Streit mit dem Messer verletzt.
Die Arbeit im Wald gehört zu den Auflagen des Richters, einige sind jetzt davon befreit, andere müssen noch zu Gesprächen antreten, einer auch noch Arresttage verbüßen.
Bolten, der die Fünf-Tage-Arbeit im Auftrag des Jugendamts durchführt, und Polizeikommissarin Claudia Borgsmüller sind nicht nur zur Aufsicht da, sondern packen selbst kräftig mit an.
Die Kriminalpolizistin ist seit vier Jahren bei solchen Einsätzen dabei, Bolten schon seit 1994. Die sieben Akteure sind alle türkischstämmig, weil sich die Awo speziell um Einwanderer aus diesem Land kümmert.
Diesmal haben alle fleißig gearbeitet, bei früheren Einsätzen haben auch schon Jugendliche aufgegeben und den Arrest absitzen müssen. Günther Bolten: "Wer das hier durchgehalten hat, kann stolz nach Hause gehen. Er hat etwas Bleibendes bewirkt."
Theo Malschützky, im Grünflächenamt für Natur- und Landschaftsschutz zuständig, bedankt sich bei den Helfern.
Die Renaturierung der Heide als Wärme-Insel im Wald ist für Malschützky ein wichtiges ökologisches Ziel: Wenn die Fläche vom Waldhumus befreit ist, kommt die alte Weide zum Vorschein - im Boden sind noch viele Samen.
Malschützky: "Hierher kommen die Insekten, die ziehen Vögel an, so kommen Bunt- und Schwarzspechte wieder. Auch Bussarde und Rehe lieben die Lichtung." Sogar Blindschleichen und Sandlaufkäfer sind schon gesehen worden.
Vor langer Zeit war die rund 15000 Jahre alte Endmoräne des Hülser Bergs komplett bewaldet - dann brauchten die Menschen das Holz. In Meilern wurde es zu Kohle verglüht.
Der Wald wurde vor rund hundert Jahren planmäßig wieder angepflanzt, unter anderem von Johannes Junkers, der vor 126 Jahren den Krefelder Wanderbund gründete. In städtischem Besitz ist der Berg erst seit 80 Jahren.
Das jetzt wieder zur Heide zurückentwickelte Terrain hat Dr. Gerhard Milbert vom Geologischen Dienst den Naturschützern empfohlen. Er hat sieben Kuppen auf dem Berg ausgemacht.
In Geschichten vom Hülser Berg ist auch vom Plaggenhieb die Rede, mit dem die Menschen die Weidepflanzen fürs Vieh abschnitten. In dem 1988 erschienenen Buch von Hans Josef und Alfred Eggerath weist ein Foto den Berg als völlig kahl nach.