Schüler schnuppern in die Berufswelt

Die Schüler der Förderschule Hören und Kommunikation dürfen seit drei Jahren berufliche Erfahrungen sammeln.

Hüls. Schüler, Eltern und Lehrer der Hülser Förderschule Hören und Kommunikation sind begeistert. Statt Mathe und Deutsch zu lernen, arbeitet eine ganze Reihe von Jungen und Mädchen montags in drei Schülerunternehmen. Das bringt nicht nur Berufskompetenz, sondern auch ein wenig Geld und einen neuen, selbstbewussten Umgang miteinander. Und gerechnet wird für die Bilanzen natürlich auch.

Vor drei Jahren ging es mit der realitätsnahen und umfassenden Berufsvorbereitung los. Jetzt gibt es die Fahrradwerkstatt "Biker Boys and Girls", das bereits zum Imbiss erweiterte Café "Guten Appetit" und den Second-Hand-Laden "Lena und Leon".

"Die Schüler üben in ihren Unternehmen praktische Fähig- und Fertigkeiten. Darüber hinaus lernen sie Werkzeuge, Fachbegriffe und Arbeitsabläufe kennen", erklärt Schulleiterin Elke Flohr. "Kenntnisse in Buchhaltung und betrieblicher Organisation werden vermittelt."

Je zwei Lehrer sind mit viel Engagement für die Firmen zuständig und führen die zurzeit 23 Schüler an die neuen Arbeitsgebiete heran. "Zielgruppe sind hörgeschädigte Schüler der Klassen acht bis zehn mit dem zusätzlichen Förderschwerpunkt Lernen."

Das Arbeitsleben beginnt, wie es üblich ist, mit einer Stellenausschreibung und danach mit der Bewerbung für den Schul-Job samt Unterlagen und Gespräch. "Der Arbeitsvertrag wird für ein Jahr abgeschlossen mit der Möglichkeit von Abmahnungen und Kündigungen", sagt Joachim Anders, stellvertretender Schulleiter. "Schüler, die nicht zur Schülerfirma gehen, führen stattdessen ein Tagespraktikum durch."

Guter Nebeneffekt der Unternehmen: "Die Schule öffnet sich mehr der Öffentlichkeit." So besteht eine gute Verbindung zu einem Hülser Fahrradgeschäft, dem sie jedoch keine Konkurrenz machen wollen. Anders: "Wir bieten interessierten Bürgern auch das Putzen und Prüfen der Räder an." Auf jeden Fall sind die "Biker Boys and Girls" im Blaumann mit Eifer im Kellerraum tätig und arbeiten Hand in Hand.

In der oberen Etage beraten die Schüler das Angebot im Imbiss, der gerade vor dem Nachmittagsunterricht genutzt wird. Sie haben eine Umfrage gestartet, um herauszufinden, was die Mitschüler gerne essen. Nun möchten sie diese Wünsche auf gesunde Weise erfüllen. Beispielsweise wurden die heißgeliebten Pommes Frites, Nummer eins der Speise-Hitliste, durch gesündere und fettärmere Kartoffel-Spalten ersetzt.

Das neueste Kind der Schule ist der Second-Hand-Laden. Gerade hat eine Frau Kinderkleidung abgegeben. Die Größen von 56 bis 140 sind gefragt. Jetzt werden die Stücke geprüft, bei Bedarf ausgebessert, gewaschen und gebügelt. In der "Produktionsabteilung" steht eine Nähmaschine bereit. Die wurde vom eingenommenen Geld angeschafft. Eva Blech (15) kümmert sich gerade um die Buchhaltung: "Ich klebe die Quittungen der Lohnabrechnung ein", berichtet sie. Eine Mitschülerin sitzt am Bügelbrett. Die Mädchen sind sich einig: "Die Arbeit in unserem Geschäft ist schöner als Mathe und Deutsch."