Doktor Fliescher: „Ich werde mich an den Ruhestand gewöhnen“
Dr. Georg Fliescher gibt seine Praxis nach drei Jahrzehnten als Facharzt für Allgemeinmedizin an seine Nachfolgerin ab. Auf die kommende ruhige Zeit blickt er mit gemischten Gefühlen.
Forstwald. Nach 32 Jahren als praktizierender Arzt hat sich Doktor Georg Fliescher in den Ruhestand verabschiedet - mit gemischten Gefühlen. "Fast 32 Jahre als Facharzt für Allgemeinmedizin und Hausarzt zu arbeiten, wäre ohne viele positive Erlebnisse mit meinen Patienten überhaupt nicht zu bewältigen gewesen", sagt Fliescher über seine Praxis in Forstwald. Im Laufe dieser Zeit hat der 65-Jährige mehr als 10000 Patienten betreut. Zum 1.Juli hat er seine Praxis an seine Nachfolgerin, Carla Guhl, übergeben.
Er blickt zurück: "Ich habe während der vielen Jahre nahezu alle Facetten des menschlichen Lebens erfahren. Es gab viel positiven Stress. Aber ich habe auch mitgefühlt und mitgelitten mit den Schwerkranken, wenn keine Heilung mehr möglich war", sagt Fliescher.
Da fiel es oft schwer, die eigenen Emotionen zurückzuhalten und die notwendige Distanz zu wahren. "Vor allem auch, weil man sich schon so lange kannte und sehr vertraut miteinander war. Manchmal ein schwieriger Spagat." Kein Wunder bei diesem Einsatz - mit 60-, teilweise auch 75-Stunden-Wochen. Am Wochenende habe er häufig die Schreibarbeiten erledigt, abends habe er nicht selten Notfälle behandelt. "Meine Patienten konnten mich meist auch privat per Telefon erreichen", berichtet der Allgemeinmediziner.
Was sich im Laufe der Jahre verändert hat in der Medizin? "Früher hatte man viel mehr Zeit für das persönliche Gespräch mit seinen Patienten, was ungeheuer wichtig ist", sagt Georg Fliescher. Vieles konnte er klären, weil er durch die lange Zeit in Forstwald die familiären und sonstigen Hintergründe kannte. Einige Patienten seien mit ihm aufgewachsen, er behandelte ganze Familien: Vater, Mutter, Kind, Großeltern. "Heute gehen diese Möglichkeiten unter, weil die Bürokratie in einer Arztpraxis nahezu ein Drittel der Arbeitszeit verschlingt", bedauert er.
Auch die Krankheitsbilder in der Allgemeinpraxis hätten sich verändert - alleine schon dadurch, dass die Altersmedizin eine größere Rolle spielt. Schließlich werden die Patienten immer älter. Doch auch die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten hätten sich verbessert; wie die Neuerungen in der Kardiologie und die Behandlungsmöglichkeiten bei Tumorerkrankungen.
Nun schaut er mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück, aber er bleibt ruhig und gelassen, so wie ihn die Patienten in den vielen Jahren zuvor kennengelernt haben. "Ich werde mich schon an den Ruhestand gewöhnen. Das einzige, was ich sicher nicht vermissen werde, ist der Termindruck, unter dem ich ständig gestanden habe", sagt er lächelnd.
Ihn freut besonders, dass Carla Guhl, ebenfalls Fachärztin für Allgemeinmedizin, seine Nachfolge antreten wird. "Von ihr weiß ich, dass sie eine sehr kompetente und engagierte Hausärztin sein wird."