Dampflok „Emma“ ist sein ganzer Stolz
Der 77-jährige Karl Heinz Küsters ist begeisterter Modelleisenbahner. Seine Lok belegt 100 Quadratmeter im Garten.
Forstwald: "Emma" dampft und schnauft und zischt und rührt sich nicht von der Stelle. "Hmmm", murmelt Karl Heinz Küsters vor sich hin und schiebt sich die Brille auf die Nase. "Das bedarf einer Überprüfung." "Emma" ist das Prunkstück der Gartenbahn von Küsters in Forstwald. Die Rangierlok ist eine von elf Lokomotiven im Maßstab1:22,5, die auf einer Gesamtfläche von fast hundert Quadratmetern im Garten der Familie verkehren.
Die Lok sollte vom Bahnhof Waldau über die Station Maxhausen bis nach Reichenbach auf der 45-Millimeter-Spur rattern. Ein Prunkstück ist "Emma" deshalb, weil Karl Heinz Küsters sie umgebaut und mit einer Dampfturbine ausgerüstet hat. Der gelernte Schlosser hat die Ursache des Vorführeffektes aber schnell ’raus. "Hier", sagt er, "der Akku war leer". Was sonst auch.
In den letzten vier Jahren etwa hat der heute 77 Jahre alte Familienvater von drei Kindern die wetterfeste Anlage aufgebaut. "Zwangläufig", wie er gesteht. Vor Jahren nämlich hatte seine Tochter, die neben ihrem Hauptberuf Sprachtherapeutin als Zauberin tätig ist, den Keller für ihr Magier-Training beansprucht. Und der Keller war ursprünglich Heimstatt für eine kleinere Modellbahnanlage von Karlheinz Küsters.
Er brachte der Zauberei das Opfer und zog in den Garten. Mit dabei: Die Spur II LM der Traditionsfirma LGB, die inzwischen von dem maroden Modellbau-Oligarchen Märklin einverleibt wurde. Das kümmert den Schmalspur-Fan in Forstwald wenig. Ersatzteile baut oder repariert er in seinem Schuppen. Dort stehen im Miniformat eine Drehbank, eine Fräs- und eine Schleifmaschine. Bis unter die Decke stapeln sich Werkzeug, elektrische und elektronische Utensilien, Waggons, Batterien und was sich noch so in den Jahren ansammelte.
Lokführer Küsters improvisiert sehr gerne. So entstand hier unter anderem aus einem ehemaligen Frühbeet ein geräumiger Lokschuppen. Die rund 130 Meter Gleise schlängeln sich entlang eines Teiches mit Seerosen, vorbei an Dutzenden maßstabgetreuen Häuschen. Vor einem Rathaus steht ein Brautpaar, im Bonsai-Wald röhren Hirsche, vor dem Bahnhof Reichenbach werden an einem Marktstand heimische Gemüse- und Obstsorten angeboten. Kurz vor dem Tunnel nach Waldhausen klappert eine Mühle am rauschenden Bach.
Von dem Örtchen unter dem Apfelbaum kann man die Seilbahn auf einen Berg nehmen. "Der ist auf Maulwürfe zurückzuführen", sagt Karl Heinz Küsters. Deren Erdauswürfe aus dem gepflegten Rasen hinter dem Haus haben ihn auf die Idee gebracht, damit den Berg zu modellieren, unter dem jetzt der Tunnel nach Maxhausen liegt.
Karl Heinz Küsters, der vor seiner Rente bei der gleichnamigen Stahlbaufirma als Leiter der Walzenentwicklung tätig war, ist nicht nur ein Techniker, sondern auch musisch begabt. Er spielt Geige, wie seine zweite Tochter, die Niederrheinischen Symphonikern ist. Ehefrau Ursula spielt Klavier und Cello. Nur die Zauberin ist etwas aus der Art geschlagen.
Bei "Emma" musste er aufgeben. Dafür aber setzt sich der Zug mit der V 200-Diesellok der Bundesbahn klaglos in Bewegung und surrt mit imponierenden dreieinhalb Metern Länge etwas hochnäsig an der umgebauten Rangierlok vorbei.