Engagement Schüler machen Grabsteine sauber
Lehmheide · Vom ständigen Regen ließen sich die Krefelder nicht davon abhalten, Gräber auszuräumen und zu säubern
Die jungen Leute hocken im strömenden Regen am Grab der Sternenkinder auf dem Hauptfriedhof. Dort drehen sich kleine bunte Windräder, erinnern winzige Luftballons an den Geburtstag oder wurden Vasen mit Blumensträußen gefüllt. Im Rondell sind Babys begraben, die vor, während und kurz nach der Geburt gestorben sind. „Es ist herzzerreißend“, finden die jungen Leute. Später werden sie dort frische Frühlingsblumen pflanzen.
Die insgesamt 22 Schüler, die sich an der Friedhofsaktion beteiligen, besuchen die Marienschule, die Gesamtschule am Botanischen Garten und die Freiherr-vom-Stein-Realschule in Krefeld. Das Rhein-Maas-Berufskolleg aus Willich ist auch dabei. Sie nehmen an der bistumsweiten 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend teil und möchten „die Welt ein Stückchen besser“ gestalten. So lautet das Motto.
Es geht ihnen in Krefeld um Erinnerungskultur. „Wir beschäftigen uns nicht nur an diesem Wochenende mit der Vergangenheit und der Geschichte von Verstorbenen“, sagt eine Schülerin. Da ist beispielsweise Luca Peter. Er besucht die Gesamtschule am Botanischen Garten. „Ich interessiere mich schon länger dafür.“ Der 18-Jährige hat bereits ein Praktikum in der Villa Merländer, dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Krefeld, absolviert und ein Jahr am Buch „Emma und der Krieg“ mitgearbeitet. „In Auschwitz war ich auch schon. Man muss die Erinnerung lebendig erhalten“, findet er.
Josefine Graczyk (15) und Britt Wolters (16) besuchen die Marienschule. „Wir mögen die ruhige und besinnliche Atmosphäre auf Friedhöfen“, erklären sie ihr gemeinsames Engagement. „Wir wollen die Gräber ehren, die an verstorbene Menschen erinnern, an Menschen, die wir verloren haben.“ Sie gehe öfter auf den Fischelner Friedhof, wo ihre Großeltern begraben seien, sagt Britt. Die Aktion sei eine schöne Idee, das Wetter so eher nicht geplant, erklären die Mädchen und lächeln.
Apropos Wetter: Die Temperaturen sind einstellig, es regnet an diesem Freitag ohne Unterlass – eigentlich kein Wetter, um draußen, in der Nähe des alten Krematoriums, zu arbeiten. Dennoch knien die 22 jungen Leute – wetterfest gekleidet – in einer langen Reihe auf Plastiktüten und schrubben zuerst unermüdlich die Gedenkplatten auf Soldatengräbern sauber. Zuvor haben sie die Steine von Efeu befreit.
Sie holen mit Eimern frisches Wasser und lesen, was auf den sauber geschrubbten Steinen steht. „Hermann Schmitz, Gefreiter“ und dann das Todesjahr 1940. Daneben liegt die Platte von Willi Hausmann. Mehr ist nicht mehr zu erkennen. „Keine Schülerin, kein Schüler hat abgesagt“, freut sich Elisabeth Vratz, die Schulseelsorgerin der Marienschule. „Sie sind alle da, obwohl die Rahmenbedingungen besser sein könnten.“ Es gehe um mehr, als nur Gräberpflege, betont Dominik Kraues, Pastoralreferent und Schulseelsorger in Krefeld-Süd. „Wir begleiten die Jungen und Mädchen auch emotional.“ Dass dies notwendig ist, zeigen die Tränen einer Schülerin beim Rundgang durchs dunkle Krematorium. Ein berührender Moment, auch wenn es nicht mehr in Betrieb ist.
Mitarbeiter des Kommunalbetriebs Krefeld (KBK) haben die und Schüler begleitet, denn die Friedhöfe gehören der Stadt. Sie stellten auch Eimer, Bürsten und Blumen zur Verfügung. Rüdiger Auerbach und Tobias Jurkschat vom KBK freuen sich mit den Mädchen und Jungen über diese Aktion. „Es ist toll, dass Jugendliche so motiviert sind und Interesse am Friedhof und seinen Gräbern haben.“