Serie Stolpersteine: Ein Brief an ihren Sohn sorgte für die Verhaftung
An die Kommunistin Paula Billstein erinnert ein Stolperstein an der Ritterstraße.
Krefeld. An die Kommunistin Paula Billstein erinnert ein Gedenk-Stolperstein an der Ritterstraße 189, gestiftet von Bündnis ‘90/Die Grünen. Dort wohnten die Billsteins. Paula Billstein, geborene Rothe (Jahrgang 1877) war von 1924 bis 1925 und von 1929 bis 1933 Stadtverordnete der KPD und die Mutter von Aurel Billstein.
Sie wurde in den Frauenkonzentrationslagern Moringen (Landkreis Northeim) und Lichtenburg (Landkreis Wittenberg) festgehalten und starb nur drei Tage nach ihrer Entlassung am 4. Juli 1938. Soweit sich ihre Tätigkeit rekonstruieren ließ, befasste sich die gebürtige Krefelderin vor allem mit sozialen Problemen und Schulpolitik. Mit der Kommunalwahl 1933 wurde die KPD von den Nazis verboten. Es war ein aufmunternder Brief von ihr an den Sohn Aurel im Zuchthaus Celle, der 1937 einem Zensor als „gegen das System gerichtet“ auffiel. „Paula Billstein wurde verhaftet, weil Krefelder Gestapo-Beamte der unbelehrbaren Anhängerin der kommunistischen Lehre einen Denkzettel verpassen wollten“, berichtet Ingrid Schupetta, Leiterin der städtischen NS-Dokumentationsstelle.
Die Monate in den Frauenkonzentrationslagern Moringen und Lichtenburg verschlechterten eine ohnehin bestehende Erkrankung Paula Billsteins.
Einige Tage vor ihrem Tod durfte ihre Tochter sie aus dem Frauen-KZ Lichtenburg abholen. Die Gestapo, die vor einer Entlassung zu fragen war, hatte keine Einwände. Die Gestapo-Beamten konnten davon ausgehen, dass von ihr keine politische Gefahr mehr ausgehen würde.
Ihr Sohn Aurel, am 29. August 1901 in Krefeld als zweites Kind von Paula und Wilhelm Billstein geboren, war ebenfalls für die KPD aktiv. Das fand 1933 mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten ein abruptes Ende.
Zur Sicherung ihrer frisch gewonnen Macht schalteten diese alle politischen Gegner, allen voran die Kommunisten, schrittweise aus. Billstein wurde verhaftet und verbrachte einige Monate im Konzentrationslager Sonnenburg bei Küstrin. Dort hatte der gelernte Schlosser unter anderem Kontakt mit Carl von Ossietzky und Erich Mühsam.
Nach seiner Freilassung wurde er erneut politisch aktiv, verraten und erneut verurteilt. In einem Schauprozess erhielt Billstein 1934 sieben Jahren Zuchthaus. Während der Haft hielt er durch Briefe den Kontakt zu seiner Familie.
Gegen Ende des Krieges wurde Aurel Billstein noch zum Strafbataillon 999 eingezogen. Im April 1945 gelang ihm die Flucht aus dieser Himmelfahrts-Einheit. Er geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Erst 1947 nach Krefeld zurückgekehrt, engagierte er sich wieder für die KPD und war für sie Parteisekretär und von 1948 bis 1952 im Rat der Stadt Krefeld. Nach dem Verbot der Partei 1956 arbeitete Billstein erneut in der Illegalität. Nach der Neugründung der DKP 1968 schloss er sich dieser an.
Als Rentner fand er eine neue Aufgabe in der Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus in Krefeld. Für seine Verdienste erhielt Aurel Billstein 1986 das Stadtsiegel der Stadt Krefeld, 1990 wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt. 1991 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet.
Aurel Billstein verstarb am 12. Februar 1996 und wurde in einem Ehrengrab im neuen Teil des Hauptfriedhofs bestattet.