Mut bewahrte Krefeld vor der Katastrophe

Dokumente belegen, dass ein Offizier gegen seine Befehle und für die Stadt handelte.

Foto: Stadt Krefeld

Krefeld. „Kampfkommandant Oberstleutnant Walter Weiss ist es zu verdanken, dass es beim Kampf um Krefeld nicht zahlreiche weitere Opfer gegeben hat.“ Das unterstreicht der neue Vize-Chef des Stadtarchivs, Christoph Moß. Weiss habe den US-Truppen die Stadt mit Ausnahme des Brückenkopfs Uerdingen nahezu kampflos überlassen. Auch der Standortälteste, Hauptmann Heitfeld, habe dafür gesorgt, dass lebenswichtige Anlagen zur Versorgung mit Wasser, Strom und Gas Anfang März 1945 nicht gesprengt wurden. Das hatten die Nazi-Oberen vor ihrer feigen Flucht auf die rechte Rheinseite im Befehl der „verbrannten Erde“ noch angeordnet.

Walter Weiss war in einer schwierigen Situation. In einem Bericht an seine militärischen Vorgesetzten, der im Stadtarchiv erhalten ist, klagt er: „Die Verteidigung einer Stadt ohne Truppen ist ein Wahnsinn.“ In der Tat standen ihm nur wenige reguläre Einheiten der Wehrmacht und der SS zur Verfügung. Das waren abgekämpfte, verletzte und dezimierte Panzer-Grenadiere, Infanteristen, Fallschirmjäger und ein SS-Panzerkorps. Dazu kamen lächerlich ausgerüstete, betagte und demotivierte Männer des „Volkssturms“ und der Polizei. Mit ihnen sollte er den Raum Krefeld in einer „Rundumverteidigung“ gegen die anrückenden US-amerikanischen Truppen sichern.

Den „Volkssturm“ charakterisierte der Oberstleutnant so: „Sie entsprechen in keiner Weise den Anforderungen in Bewaffnung und der Kampfmoral.“ Zu dieser ernüchternden Bilanz beklagt der Offizier auch „Unstimmigkeiten und Hemmnisse“, die ihm von der örtlichen Nazi-Partei unter Kreisleiter Erich Diestelkamp bereitet wurden. In seinem Bericht fordert er eine strikte Trennung zwischen zivilen und militärischen Aufgaben und eine effektive Kommandostruktur.

Am „brauchbarsten“ war nach dem Weiss-Bericht eine Kompanie aus fanatisierten Hitler-Jungen im Alter von 16 bis 18 Jahren. Bei den heftigen Kämpfen in Forstwald erlitten sie schwere Verluste. Eine Eisenbahn-Pionierkompanie meldete am 28. Februar, dass Brücken, Eisenbahnübergänge und Verkehrsanlagen im Süden und Südwesten der Stadt sprengbereit seien. Den Befehl dafür sollte mittels eines Codewortes Hauptmann Heitfeld geben.

Zwischen dem 2. und 5. März 1945 bilanzierten die Standesämter neben einer „größere Anzahl von Soldaten“ die Verluste in der Zivilbevölkerung. Es fanden bei der Einnahme der Stadt durch „Bomben, Granaten und Gewehrgeschossen den Tod in Krefeld-Mitte 22, in Fischeln 14, in Bockum vier, in Oppum drei und in Uerdingen 49 Personen.“

Oberstleutnant Walter Weiss notierte unter dem 2. März: „Die Kämpfe dauerten bis zum Einbruch der Dunkelheit, dann aber herrschte an der gesamten Front Ruhe.“ Der Offizier a.D. sandte seinen Einsatzbericht 1952 an den damaligen Oberbürgermeister Johannes Hauser, den Vater des späteren OB Hansheinz Hauser. Dieser dankte wenige Tage später in einem Antwortschreiben an Weiss in Varel/Oldenburg. Darin heißt es: „Sie werden heute mit uns glücklich darüber sein, dass es zu den befohlenen Sprengungen nicht gekommen ist.“ Auch dieses Dokument gehört heute zu den Raritäten des Stadtarchivs.