Udo Degen: Täglich eine Stunde Eisenbahn
Udo Degen ist seit seiner Kindheit Eisenbahnsammler. Auf dem Dachboden hat er eine ganze Landschaft aufgebaut — dort verlaufen Schienen von drei verschiedenen Bahnsystemen.
Krefeld-Oppum. Steigt man die Stufen zum Dachgeschoss des Hauses von Udo Degen hinauf, rechnet man noch nicht mit dem, was sich hinter der oberen Tür befindet. Seit seinem sechsten Lebensjahr sammelt der pensionierte Berufsschulpfarrer Eisenbahnen und hat sich im Laufe der Jahre eine riesige Eisenbahnlandschaft aufgebaut.
„Als kleiner Junge habe ich eine Uhrwerkbahn geschenkt bekommen“, erzählt Degen. „Ich war der glücklichste Junge auf der Welt. Denn nach dem Krieg hatte man ja nicht viel.“ Die antike Eisenbahn, die mit einem Schlüssel aufgezogen und so zum Fahren gebracht wird, besitzt er heute noch und hat sie gesondert auf dem Dachboden aufgebaut. Käuflich erwerben kann man sie schon lange nicht mehr, was ihren Wert von Jahr zu Jahr steigert.
Der wertvollste Schatz ist aber wohl seine in mühevoller und jahrelanger Arbeit Stück für Stück gebaute und zusammengesetzte Eisenbahnlandschaft im Maßstab 1:87. Schon in den frühen 80er Jahren hat er begonnen, Einzelteile zu bauen und detailgetreu nachzuahmen. Jahre später hat er sie dann auf Holzspanplatten zusammengefügt.
„Angefangen habe ich mit Bahnhöfen verschiedener Städte“, erzählt Degen. Die Schienen dreier Eisenbahnen mit den Spurweiten H0, H0m und H0e, einer Straßen- und einer Zahnradbahn führen nun in verschiedenen Formationen über die Landschaft — vorbei an einem Schwimmbad, einer Mühle, einem Weinberg samt Reben, einem Holzsägewerk, einer Pferdekoppel, Bauernhöfen und einem Wochenmarkt. Nachgebildet hat Degen auch ganze Städte. „Dort hinten ist Altenstein, dort St. Nikolaus und hier ist Susch nachgebaut“, erklärt der Hobbyeisenbahner und zeigt stolz auf seine Miniatur-Städte. Ein Wasserfall, ein Sessellift und andere Details lassen sich elektronisch bewegen.
„Alles, was sich bewegt, ist natürlich besonders interessant“, sagt er und lacht. Auch eine bewegliche Zugbrücke und eine Schleuse hat er selbst gebaut. Kleine Sträucherzweige, die er aus der Toscana mitgebracht hat, sind als Bäume aufgestellt. Ein großes Loch inmitten der Landschaft dient dazu, dass er sich hineinstellen kann, um die Bahnen zu bewegen. Außerdem kommt er von dort aus gut an jede Stelle heran.
Im Winter verbringt er täglich etwa eine Stunde in seinem Reich unterm Dach. Dann wird gebastelt, gewerkelt, und die Eisen- und Straßenbahnen werden bewegt. Früher standen und lagen die einzeln zusammengebauten Eisenbahnteile und Landschaftsabschnitte überall herum. Mit dem Umzug vor 16 Jahren von Bockum nach Oppum in das jetzige Haus konnte er seinen Vorstellungen einer großen Landschaft freien Lauf lassen und begab sich ans Bauen und Zusammensetzen.
Eine weitere Modellbahn befindet sich im Partykeller des Hauses. Ihre Schienen führen einmal durch den ganzen Raum, und bei Partys mit Freunden werden diese mit Getränken, die auf den Eisenbahnwagen stehen, versorgt. „Das ist immer ein netter Spaß bei Feiern in unserem Haus“, sagt der Eisenbahnliebhaber.
Für seine Enkel und die Kinder von Freunden bietet eine weitere Eisenbahn eine große Freude: Die Gartenbahn von Playmobil. In den Sommermonaten fährt sie quer durch Degens Garten. „Es ist zwar eine Spielbahn, aber sie ist technisch so perfekt, dass sie mich auch interessiert,“ erzählt er. Auf einem Lageplan des Gartens ist der genaue Lauf der Schienen aufgezeichnet, damit sie in jedem Sommer wieder an der gleichen Stelle verlaufen.
Auf Messen trifft er auf Gleichgesinnte und bemerkt die Veränderungen bei seinem Hobby: „Ich bin oft auf Messen, um dort zu gucken und einzukaufen. Vertreten ist hauptsächlich nur noch die ältere Generation, aber man sieht auch noch junge Leute und immer öfter Frauen. Das Eisenbahnsammeln ist halt eine Nischenexistenz. Sie verkleinert sich, aber sie lebt.“