Bockumer Norden: Anbindung sorgt für Ärger

Anlieger halten nichts von dem Bebauungsplan. Projektentwickler spricht von Schnapsidee.

Krefeld. Das alte Zeughaus hinter dem Bockumer Rathaus ist bis auf den letzten Platz besetzt. Rund 80 Besucher, vorwiegend Bewohner der Bethel-, Verberger- und Deswatinesstraße, sind gekommen, um zu städtischen Planungen Stellung zu beziehen.

Es geht um den Bebauungsplan 692, mit dem in Bockum-Nord ein neues Siedungs-Mischgebiet entwickelt werden soll. Das rund acht Hektar große Gebiet liegt zwischen der Emil-Schäfer- und der Bethelstraße westlich, beziehungsweise südlich des Gewerbegebietes. Das Grundstück gehört zum Teil der Stadt und der katholischen Kirchengemeinde St. Gertrudis. Was die Teilnehmer der Bürgeranhörung empört, ist die geplante Erschließung des Geländes auch von der Bethelstraße aus.

Vor fast zehn Jahren, im Jahr 2004, war ein ähnlicher Plan der Stadt am Widerstand der Anlieger gescheitert. Im Februar vergangenen Jahres legte die Stadt dann einen neuen Plan vor, in dem nur eine nördliche Erschließung vorgesehen war. Damit waren die Anlieger einverstanden. Umso empörter sind diese nun, dass in der neuen Planung wieder eine Zufahrt über die Bethelstraße quer durch eine Grünfläche mit altem Baumbestand führen soll.

„Ja ist denn der heilige Geist über Euch gekommen?“, fragt Günter Lehr, der mit seiner Frau an der Bethelstraße 17 wohnt, in Anspielung auf den kirchlichen Besitz. Das Vorhaben sei, so Lehr, „fast schon eine Frechheit. Das werden wir nicht hinnehmen.“ Er vermutet, dass sich Stadt und Kirche durch diese Erschließung einen Mehrerlös bei der Vermarktung versprechen.

Fast zwei Stunden lang versuchen die städtischen Planer Thomas Helm und Ludger Walter, dem kopfschüttelnden Publikum die Pläne schmackhaft zu machen. Vergeblich, die Ablehnung ist groß.

Auch der Verweis, dass durch einen verkehrsberuhigten Ausbau der Straße an der südlichen Zufahrt theoretisch lediglich mit einem Aufkommen von 350 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen sei, hilft nicht. Monika Gauger von der Bethelstraße 30 hat schon über 200 Protestunterschriften gesammelt. An ihrem rückwärtigen Garten soll die Straße vorbeiführen. „Ja, einige Bäume müssen beim Ausbau gefällt werden“, räumt Walter auf ihre Frage ein.

„Ein Gefühl von Ohnmacht macht sich bei mir breit“, sagt ein Teilnehmer seufzend. Dagegen verweist Günter Lehr auf das Baugesetzbuch. Demnach seien „die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.“ Seine Betonung liege dabei auf „gerecht“, sagt Lehr. Monika Gauger schlägt vor, im Saal abstimmen zu lassen. Daran hindert sie aber Bezirksvorsteher Hans-Jürgen Brockers, der die Sitzung leitet. „Das hier ist eine Anhörung, dabei ist keine Abstimmung vorgesehen.“

Projektentwickler Rolf Beinecke schüttelt den Kopf: „Ich weiß nicht, wer diese Schnapsidee hatte. Es war doch schon vor zehn Jahren klar, dass eine Südanbindung nicht akzeptiert wird.“ Beinecke interessiert sich für einen süddeutschen Investor für den südlichen Teil des Grundstücks. „Das macht doch kein Investor mit.“ Brockers zuckt nach einer Stunde und fünfzig Minuten die Schultern: „An diesem Votum wird die Verwaltung wohl nicht vorbeikommen.“ Er schließt nicht aus, dass es eine vierte Auflage der Bürgeranhörung geben wird.