Entsetzen: Das Grab ist weg
Ruhestätte eingeebnet – die Angehörigen waren ahnungslos. Stadt entschuldigt sich.
Bockum. Marcus Braun ist fassungslos. Anlässlich des 25.Todestages seines Vaters hat er gemeinsam mit der 85-jährigen Mutter das Grab des Verstorbenen besuchen wollen. "Als wir dort ankamen, mussten wir mit Schrecken feststellen, dass es die Ruhestätte nicht mehr gibt", so Braun. "Sie war ,abgeräumt und eingeebnet’ worden, wie es in der Friedhofssatzung nachzulesen ist. Diesen Ort der Trauer auf dem Bockumer Friedhof haben wir regelmäßig gehegt und gepflegt."
Nach einigen Schrecksekunden bemühte sich der Mann um Aufklärung und entdeckte an einem Toilettenhäuschen einen Aushang mit einer Kopie des Krefelder Amtsblattes vom Oktober 2009. "Dort konnte ich tatsächlich nachlesen, dass unser Grab wegen zu hoher Bäume beanstandet wird." Allerdings stolperte er über die Formulierung, dass die Anschrift des Nutzungsberechtigten unbekannt sei und nicht ermittelt werden könne.
"Unabhängig davon, dass Paragraf 40 der Friedhofssatzung besagt, dass die betroffenen Personen schriftlich zu benachrichtigen sind, ist doch mit einem Hinweisschild auf dem Grab auf die ,Ordnungswidrigkeit’ hinzuweisen. Nichts von alledem ist passiert. Noch in der Vorweihnachtszeit, vor dem großen Schnee, haben wir die Ruhestätte besucht. Dort stand kein Schild, und Post haben wir auch nicht bekommen."
Diese Art von Schlamperei sei unentschuldbar. "Es hätte einen Wimpernschlag an Zeit gekostet, die Adresse zu recherchieren. Die Kontaktdaten haben sich seit 1957 nicht geändert. Ich erwarte eine offizielle Entschuldigung bei meiner Mutter. Es ist ein unzumutbarer Gedanke, dass es durch diese Nachlässigkeit für uns nie mehr die Möglichkeit geben soll, die Gedenkstätte besuchen zu können."
Dazu Stadt-Sprecher Timo Bauermeister: "Die Stadt entschuldigt sich in aller Form bei den Angehörigen des Verstorbenen. Die Friedhofsverwaltung wird das Grab in Absprache mit ihnen wieder herrichten. Denn die Grabstätte als solche ist unversehrt, nur die Oberfläche wurde abgetragen."
Die Schritte seien eingeleitet worden, weil ein Nadelbaum auf dem Grab die zulässige Höhe von zwei Metern um mehr als das Doppelte überragt habe, so Bauermeister weiter. Im Gegensatz zu Braun erklärt er: "Im August ist deshalb ein entsprechendes Schild am Grab angebracht worden. Als keine Reaktionen darauf und auf Veröffentlichungen in Amtsblatt und Tageszeitung erfolgten, ist das Grab eingeebnet worden."
Warum die Anschrift der Angehörigen nicht in den elektronischen Unterlagen der Friedhofsverwaltung gewesen ist und warum keiner nachgeforscht hat, kann Bauermeister nicht beantworten.