Störfall: Strafanzeige gegen Thyssen-Krupp Nirosta
Die Bezirksregierung Düsseldorf geht von Vorsatz aus. Die Luft an der nahen Stahldorfschule war stark belastet. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
Krefeld. Bei Thyssen-Krupp Nirosta (TKN) hat sich im November vergangenen Jahres ein Störfall ereignet, der die geplante Erweiterung des Edelstahlwerks ins Wanken bringen könnte. Die Bezirksregierung Düsseldorf geht von einer Straftat aus und hat das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Krefeld abgegeben.
Der Vorwurf gegen die Verantwortlichen bei TKN: Ein Elektrolichtbogenofen (E-Ofen) wurde vorsätzlich ohne die erforderliche Genehmigung betrieben. In der Folge kam es zu schweren Belastungen der Luft mit Schwermetallen.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW hat in der Zeit vom 2. bis 6. November 2010 an der Messstation auf dem Hof der Stahldorfschule an der Vulkanstraße die gravierenden Überschreitungen festgestellt. In der Strafanzeige, die der WZ vorliegt, ist von „sehr hohen Tagesimmissionswerten von Feinstaub (PM 10) und von Nickel und Chrom im Feinstaub“ die Rede.
In der Spitze wurde ein Nickelgehalt von 1214 Nanogramm pro Kubikmeter Luft ermittelt. Der zulässige Zielwert für Nickel, der ab 2013 eingehalten werden soll, liegt bei 20 Nanogramm. Chrom gilt als krebserregend, Nickel kann Allergien auslösen.
Laut Strafanzeige hat TKN gegenüber der Bezirksregierung erklärt, dass es Anfang November vergangenen Jahres „immer wieder zu Störungen an der Direktabsaugung des E-Ofens“ gekommen sei. Am 7. November sei die Direktabsaugung schließlich vollständig verstopft gewesen.
Trotz der Störung wurde der Ofen, so die Bezirksregierung, bis zu der ohnehin anstehenden Wartung am 8. November weiter betrieben. In dieser Zeit seien immer wieder neue Chargen angefahren worden. Die Aufsichtsbehörde wirft dem Unternehmen vor, den E-Ofen durch das neue Anfahren vorsätzlich ohne die erforderliche Genehmigung betrieben zu haben.
„Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen TKN ist uns nicht bekannt“, teilt Konzernsprecher Erik Walner auf Anfrage mit. Daher habe es bisher auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zu den Vorwürfen sagt er, dass das Stahlwerk „nicht ohne die erforderlichen behördlichen Genehmigungen und nicht abweichend von diesen betrieben wurde oder wird“. Der Zusammenhang zwischen dem behaupteten Genehmigungsverstoß und den behördlichen Messergebnissen über erhöhte Immissionskonzentrationen im Umfeld des Krefelder Werkes sei „noch weiter aufklärungsbedürftig“.
Bernd Kalwa, Chef des Gesamtbetriebrates von TKN, hält die Vorwürfe der Bezirksregierung für nicht zutreffend. „Ich gehe davon aus, dass bei dem Störfall kein Vorsatz im Spiel war“, so seine Einschätzung.
Die Vorwürfe treffen den Konzern zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Das Unternehmen will in Stahldorf 244 Millionen Euro investieren. Bis 2015 soll das Werk entlang der Anrather Straße modernisiert und ausgebaut werden. Parallel wird der Standort in Düsseldorf-Benrath geschlossen.
Die Hürden für die Investition liegen hoch, weil es für das Werk keinen Bebauungsplan gibt. Rechtlich ist der Standort bislang nur über den Flächennutzungsplan abgesichert.
Das soll sich ändern. TKN erwartet, dass die Stadt bis Oktober den baurechtlichen Rahmen schafft. Den Auftakt dazu bilden am Mittwoch die Beratungen im Planungsausschuss (17 Uhr, Rathaus, Raum C 2). Für die Genehmigung der Anlagen ist letztlich jedoch die Bezirksregierung zuständig. Sie muss prüfen, ob das Werk zu viel Nickel und Chrom in die Luft bläst. Zum Stand der Gespräche mit TKN wollte sich die Behörde am Dienstag nicht äußern.