Theaterplatz: Wohin mit der Drogenszene?

Die CDU möchte keine Junkies vor dem Seidenweberhaus. Polizei und Stadt sollen handeln.

Krefeld. In der Sitzung des Ordnungsausschusses am 11. Juni soll erneut über den Theaterplatz diskutiert werden. CDU-Ratsherr Walter Fasbender hofft, durch einen entsprechenden Beschluss durchzusetzen, dass der „dauerhafte Aufenthalt der Szene unterbunden wird“.

Bereits im Februar hatte sich die CDU-Ratsfraktion für eine „härtere Gangart“ ausgesprochen. Das bedeute, wie Fraktionsvorsitzender Wilfrid Fabel erklärte, dass der Theaterplatz unter Einsatz „aller möglichen polizeilichen und ordnungsrechtlichen Möglichkeiten“ von der Drogenszene „befreit“ werden müsse.

Für die Initiative Theaterplatz ist eine Diskussion im Ausschuss begrüßenswert, weil damit wieder Bewegung in die Sache komme. Allerdings, so Sprecherin Brigitte Theveßen, „müssen humane Lösungen gefunden werden. Die plötzliche Aktivität der CDU ist mehr als erstaunlich und für mich kaum nachvollziehbar. Wir rennen der Partei seit über zwei Jahren hinterher — und wir bekommen immer nur Ausflüchte zu hören,“ so Theveßen.

Auch das Gespräch mit dem Oberbürgermeister und der Stadtdirektorin vor über einem Jahr sei ergebnislos verlaufen. „Man hat uns nur gemahnt, den Ball flach zu halten“, klagt die 49-jährige Krankenschwester. „Ein absoluter Witz.“ Lediglich die Grünen und die SPD hätten echtes Interesse an einer Lösung gezeigt.

Immerhin hätten die Toiletten dazu beigetragen, den Uringestank auf dem Platz einzudämmen. Nach wie vor ungelöst aber seien die Probleme mit den Notausgängen der Tiefgarage und mit den Hochbeeten, die eigentlich hätten verschwinden sollen.

Ein neues Problem sei mit der Schließung der Unterführung entstanden. Im verbliebenen Abgang zur Tiefgarage an der Kreuzung St.-Anton-Straße/Ostwall vom Theaterplatz haben sich jetzt neben der bekannten Jolanta N. weitere Wohnungslose häuslich niedergelassen. Matratzen, Stühle und viel Gerümpel türmen sich dort.

Die beiden Caritas-Streetworker Stephanie Trippelsdorf und Thorsten Henkel zucken mit den Schultern. „Es gibt Menschen, die sind nicht wohnungsfähig. Sie haben hier ihr soziales Umfeld. In einer Wohnung fühlen sie sich isoliert.“ Beide Sozialarbeiter verweisen auf die gesellschaftlichen Ursachen, die hinter Drogen- und Alkoholkonsum stehen. „Deshalb ist die Gesellschaft auch zur Hilfe verpflichtet.“

In enger Zusammenarbeit mit Stellen der städtischen Verwaltung, den Medizinern vom Medimobil und der Polizei versuche die Caritas, Hilfestellung bei konkreten Problemen zu geben. „Um etwa Hartz IV zu beantragen, brauchen die Menschen einen Ausweis, eine Postadresse, Hilfe bei den Formularen. Dafür und für viele andere Fragen sind wir Ansprechpartner.“ Trippelsdorf: „Es sind Menschen, die meist unverschuldet in diese Lage gekommen sind. Wir müssen sie auch wie Menschen behandeln.“ Das sei auch ein christliches Gebot, stellen die beiden Streetworker fest.

Die Szene hält sich auf einem frei zugänglichen, öffentlichen Platz auf. Von anderen Orten in der Innenstadt ist sie in den vergangenen Jahren immer wieder vertrieben worden. „Mal war das vor Deichmann, mal am Neumarkt, mal am Anne-Frank-Platz. Uns will keiner haben“, klagt Udo (48), Eisengießer von Beruf, seit 20 Jahren „auf Platte“.

„Meinst Du, ich sitze gerne hier bei Wind und Wetter“, fragt der 40 Jahre alte Industriemechaniker Alexander. Rolf (56) nennt den Grund für seine langjährige Abhängigkeit: „Sie geben uns ja nicht mal einen Ein-Euro-Job. Ich könnte den gut gebrauchen“, meint der Maschinenbauingenieur.

Erst seit einem Jahr ist der 41 Jahre alte Norbert auf dem Theaterplatz. Er fragt: „Wir tun doch niemandem etwas. Wir stören nicht, und es gibt hier nur wenige Geschäfte. In der Fußgängerzone ist das anders. Warum lässt man uns nicht in Ruhe?“ Norbert ist Diplom-Ingenieur.

Die 42 Jahre alte Hotelfachkraft Petra hat ebenfalls schon 20 Jahre Szene-Erfahrung hinter sich. „Ein Fixerraum wäre gut, damit die Junkies sich ihre Dröhnung nicht in den finsteren Abgängen zur Tiefgarage spritzen müssen.“

Immerhin seien die Toilettencontainer eine gute Einrichtung, meint Susanne (48), die als ihren Beruf Hausfrau angibt. Allerdings nutzen nicht alle die Anlage, die seit rund anderthalb Jahren in Betrieb ist. Die Toiletten sind klein, aber einigermaßen sauber. Abflüsse und Wasserhähne sind in Betrieb. Genutzt werden sie aber offensichtlich auch als Fixerräume.

Zahnärztin Beate Hahn sieht aus ihrer Praxis, Ostwall 187, gegenüber der „Platte“ direkt auf den Theaterplatz. Mit ihrem Mann beklagt sie sich über den Rückgang ihrer Patienten. Denn diese müssen auf dem Weg von der Tiefgarage in die Praxis und zurück am „Wohnzimmer“ einiger Junkies vorbei.

„Eine einzige Kloake“, meint Beate Hahn, die schon mehrfach den Oberbürgermeister angeschrieben hat. „Ich bekam nur nichtssagende Antworten.“ Die Szene sei für ihre Praxis „absolut geschäftsschädigend“, klagt sie. Erst vor ein paar Tagen sei ein Patient im Abgang zur Tiefgarage aufgefordert worden, ein wenig zu warten, bis ein Junkie sich seine Spritze gesetzt habe.