Villa Merländer: Zahlen werden zu Namen
Das Berufskolleg Vera Beckers kooperiert mit der NS-Dokumentationsstelle. Die Schüler besuchen auch Internierungslager.
Cracau. Eine seit Jahrzehnten funktionierende Zusammenarbeit zwischen der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer und dem Berufskolleg Vera Beckers ist nun vertraglich besiegelt worden. Am Freitagmorgen um 11.34 Uhr setzten in der Schule Sandra Franz, neue Chefin der Dokumentationsstelle, und Schulleiter Stefan Bur ihre Unterschriften unter eine Bildungsvereinbarung.
An der Zeremonie haben die langjährige Bürgermeisterin Mechthild Staudenmaier sowie zwei Lehrer und vier Schüler teilgenommen. Die Schule organisiert seit 1993 regelmäßig Studienfahrten, so in den ersten Jahren nach Prag. Von dort aus besuchte man Vidice und das NS-Internierungslager Theresienstadt. Zur Vorbereitung dieser Fahrten besuchen die Schüler regelmäßig die NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer und die Synagoge der jüdischen Gemeinde. Volker Staub hat kürzlich mit seinen Mitschülern Büsra Karasoy, Muhammet Ali Özmen und Fabian Poschadel (19-23 Jahre alt) an einer Fahrt teilgenommen und bemerkt: „Im Geschichtsunterricht kommt die NS-Zeit natürlich vor, jedoch nur in Zahlen. 1933, 1938 und so weiter. Bei unserem Besuch in der Villa Merländer auf der Friedrich-Ebert-Straße bekommen Personen Namen. Wir stellten uns im Wohnzimmer den Hausherrn Richard Merländer vor und hörten dort von seinem Schicksal.“
Sandra Franz
Geschichtslehrer Wilfried Berghoff, der die ersten Pragfahrten mitorganisiert hat, sprach ebenfalls von der wichtigen Vorbereitung: „Durch den Besuch der Villa waren die Jugendlichen gewappnet und konnten mit dem Schrecklichen besser umgehen.“ Seine Kollegin Silke Gürsch, die 1992 an die Schule kam und einige Fahrten mitmachte, kann ihn nur bestätigen.
Weil die Beschäftigung mit der Vergangenheit so wichtig ist, haben Schule und Doku-Stelle seit dem Schuljahr 2016/17 das Projekt „Gegen das Vergessen“ gründet. Sandra Franz, welche die Arbeit von Ingrid Schupetta fortsetzen wird, freut sich auf die neue Aufgabe:
„Wir kennen namentlich 730 Krefelder, die ganz besonders unter dem NS-System gelitten haben und können den jungen Menschen von ihrem Schicksal berichten. Die nunmehr verabredete enge Anbindung wird die Zusammenarbeit noch verstärken.“