Mordprozess ohne Leiche „Völlig empathielos“ - Krefelder wegen Mordes an Ex-Freundin verurteilt

Update | Essen · Eine Frau aus Gelsenkirchen verschwindet spurlos. Die Richter haben keine Zweifel, dass ihr Ex-Freund sie ermordet hat. Jetzt ist der Mann aus Krefeld verurteilt worden. Er geht nicht zum ersten Mal ins Gefängnis.

Im „Mordprozess ohne Leiche“ ist ein Krefelder zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Kaum war das Urteil gesprochen, gab es im Zuschauerraum Applaus. „In die Hölle mit Dir“, wird dem Angeklagten zugerufen. Der zeigt keine Regung. Zum zweiten Mal ist der bullige Mann aus Krefeld am Dienstag verurteilt worden, weil er eine Frau umgebracht hat. Die Strafe: lebenslange Haft wegen Mordes. Außerdem haben die Richter am Essener Schwurgericht eine besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Sicherungsverwahrung angeordnet.

„Die Gefahr für jede Frau, die sich auf den Angeklagten einlässt, früher oder später getötet zu werden, liegt auf der Hand“, sagte Richter Martin Hahnemann. „Er ist völlig empathielos und hat keinerlei Schuldbewusstsein.“ Wenn der 47-Jährige gekränkt werde, handele er völlig egoistisch. „Für ihn ist es normal, dass er die Frauen, die sich von ihm trennen wollen, töten darf.“

Es war der 23. Juni 2019, als eine 35-jährige Frau aus Gelsenkirchen spurlos verschwunden ist. Das Letzte, was man weiß, ist, dass sie mit dem Angeklagten in dessen Krefelder Wohnung gefahren ist. Bilder und Fotos, die später auf dem Computer des 47-jährigen Deutschen gefunden wurden, zeigen ihre Leiche auf dem Boden seiner Wohnung. Über den Kopf ist eine am Hals zugebundene Plastiktüte gezogen worden.

Die Richter halten es für sehr wahrscheinlich, dass sie erstickt ist. Eine genaue Todesursache konnte jedoch nie festgestellt werden. Die Leiche ist bis heute verschwunden. „Einen Sexunfall konnten wir aber ausschließen“, sagte Hahnemann.

Das Paar hatte sich über eine Internetplattform kennengelernt. Weil sich die 35-Jährige jedoch nicht dauerhaft an den Angeklagten binden wollte, war es im Sommer 2018 nach rund einem halben Jahr zur Trennung gekommen. Auch danach hatte es aber Treffen gegeben.

Laut Urteil hat der Angeklagte alles versucht, um die Frau durch immer neue Lügenkonstrukte finanziell und emotional an sich zu binden. Dabei habe er sogar den Tod der eigenen Eltern vorgetäuscht und eine reiche Erbtante erfunden. Die Versuche seien jedoch erfolglos geblieben, die Lügen aufgedeckt worden.

Als sich die 35-Jährige daraufhin endgültig trennen wollte, habe der Angeklagte das als persönliche Niederlage empfunden. „Zurückweisungen von Frauen empfindet er als Kränkungen“, sagte Hahnemann. „Damit kann er nicht umgehen. Dann entwickelt er Rachegelüste.“

Der Mord sei „kühl“ geplant worden. Von persönlicher Verzweiflung könne keine Rede sein. Bei den Ermittlungen waren die Fahnder auf Internet-Recherchen gestoßen, die nahelegen, dass der Angeklagte sich unter anderem mit den Themen Ersticken und Leichengeruch beschäftigt hat.

Der Angeklagte ist bereits 1999 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er eine Ex-Freundin mit über 100 Messerstichen getötet hat. Für den Tod einer weiteren Ex-Partnerin ist er dagegen nicht verurteilt worden.

Der 47-Jährige hatte sich im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäußert. Seine Verteidiger hatten Freispruch aus Mangel an Beweisen gefordert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

(dpa)