Bauboom Wie der Bauboom in Krefeld für Probleme sorgt

Krefeld · Der Bauboom hat nicht nur positive Seiten. Das bekommt zum Beispiel auch der Krefelder Zoo zu spüren.

Das Pelikanhaus im Zoo wird erst im Frühsommer fertig. Eigentlich sollten die Wasservögel direkt aus dem Winterquartier dort einziehen.

Foto: Andreas Bischof

Eigentlich sollten die Pelikane im Krefelder Zoo im nächsten Monat schon ihr neues Heim beziehen. Doch der Bau der Anlage hat sich verzögert. Den Grund nannte Zoodirektor Dr. Wolfgang Dreßen kürzlich vor der Presse: Handwerker waren nur schwer zu finden. Der anhaltende Bauboom sorgt dafür, dass die Auftragsbücher der Firmen voll sind. Das führt zu Verzögerungen – und zu steigenden Preisen.

Ein Beispiel: Wie ein Leser in einer E-Mail an die WZ berichtet, soll an seinem Haus ein Überdach an einer vorhandenen Garagenwand angebracht werden. Keine große Sache – doch schon seit dem vergangenen Sommer gelingt es ihm nicht, für die Arbeiten jemanden zu finden. Zwei Handwerker haben sich immerhin vor Ort die Sache angeschaut – beide ließen sich anschließend nicht mehr blicken. Auch eine Absage des Auftrags gab es nicht. „Eigentlich bin ich über dieses Verhalten sprachlos, aber Freunden und Bekannten ist es wohl ähnlich gegangen“, so der Krefelder.

Preise sind deutlicher höher
als vor einigen Jahren

Betroffen sind nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmen und Kommunen. „Es beteiligen sich spürbar weniger Firmen an den Ausschreibungsverfahren der Stadt Krefeld. Die angebotenen Preise sind häufig deutlich höher als noch vor einigen Jahren“, bestätigt die Pressestelle der Stadt. Hinzu kommen besagte Verzögerungen: An der Regenbogenschule dauerte etwa die Sanierung der Nebengebäude vier Monate länger, weil Bodenleger und Fensterbauer „abgetaucht“ waren. Bei den Gewerken Elektro, Heizung, Lüftung, Sanitär wurde die Baustelle nur mit ein bis zwei Personen besetzt. Entsprechend lange dauerte die Ausführung.

Höhere Preise sorgten jüngst bei der Diskussion um Umbauarbeiten an der Gesamtschule Kaiserplatz für Diskussionen. Der Unterausschuss für Schulbau und –sanierungen stimmte den Arbeiten einstimmig zu – auch wenn damit erhebliche Kosten einher gehen. Es geht vor allem um die Erweiterung und die neue Ausstattung des Lehrerzimmers von 118 auf 247 Quadratmeter. Zudem ist geplant, die WC-Anlagen der Schule zu vergrößern. Die Gesamtkosten betragen 1,08 Millionen Euro – kalkuliert worden war vor Jahren mit einer Summe von 375 000 Euro. Wobei allerdings bei den ersten Skizzen nur ein neues Lehrerzimmer berechnet worden war.

Ungeachtet der Probleme, Firmen zu finden, bereitet die Verwaltung für viele Schulen Sanierungsarbeiten vor (siehe Box). Probleme mit einer mangelnden Beteiligung an Ausschreibungen treten dabei im Rahmen vieler Bautätigkeiten der Stadt auf. „Überwiegend sind große Bauprojekte betroffen. Aber mittlerweile wird es auch bei kleineren Instandhaltungsmaßnahmen schwieriger“, so der Sprecher der Verwaltung.

Kann diese etwas dagegen unternehmen? „Da es eine Frage der zur Verfügung stehenden Kapazitäten auf dem Markt ist, kann seitens der Stadt nichts zur Lösung unternommen werden“, lautet die ernüchternde Antwort aus dem Rathaus. Kostensteigerungen werden aber von Anfang an einkalkuliert: „Wir rechnen mit einer Fünf-Prozent-Steigerung pro Jahr über alle Gewerke.“ Diese könnten in Einzelfällen abweichen.

Kreishandwerkerschaft: Vergaberecht schreckt Firmen ab

„Das alles nur auf die Preise zu reduzieren, wird dem Problem nicht gerecht“, sagt Marc Peters von der Kreishandwerkerschaft. Deren Anstieg sei auf viele Faktoren zurückzuführen, so auch auf Lohnsteigerungen und gestiegene Lieferkosten.

Dass die Betriebe derzeit sehr, sehr viel zu tun haben, bestätigt er: „Die Auftragslage ist gut bis sehr gut.“ In so einer Situation suche man sich vielfach Aufträge aus, die einen geringen Aufwand mit sich bringen. Die komplexen Vorgaben einer öffentlichen Ausschreibung schreckten vor allem kleine und mittlere Firmen ab.

Ein weiterer Punkt, so Peters: „Die öffentliche Hand nimmt häufig den billigsten Anbieter, nicht unbedingt den wirtschaftlich günstigsten.“ Da werde zum Bau einer neuen Heizungsanlage in der Schule ein Unternehmen aus Sachsen engagiert, ohne die später anstehende Wartung der Anlage in das Vergabeverfahren einzubeziehen. Das heimische Unternehmen, das die Wartung locker hätte übernehmen können, gehe leer aus – und bewerbe sich beim nächsten Mal nicht mehr. „Solche Fälle sind auch in Krefeld schon passiert“, sagt Peters. Als weitere Ursache von Verzögerungen führt er den Fachkräftemangel an. Davon seien viele Handwerksbetriebe betroffen, die mangels Personal Aufträge nicht annehmen könnten.

Oft werde auch zu umfangreich ausgeschrieben. Wenn man zum Beispiel für alle Schulen einer Stadt neue Fenster und Türen einbauen lassen wolle, hätten kleine Unternehmen keine Chance. Sinnvoller sei es, die Gewerke kleinteiliger auszuschreiben, also zum Beispiel Fenster nur für eine Schule. Darüber sein man „permanent im Gespräch mit der Stadt“.

Die Kreishandwerkerschaft kann demnächst zeigen, dass sie die Sache besser im Griff hat, denn sie wird selbst zum Bauherr: In Fichtenhain will sie ihre neue Zentrale errichten. Ein 4000 Quadratmeter großes Grundstück ist schon gefunden, der Kaufvertrag allerdings noch nicht unterzeichnet. Gleichwohl strebt man an, schon im Sommer 2020 das neue Haus beziehen zu können. Trotz aller angeführten Probleme hält Marc Peters es für möglich, dass dies – mit etwas Glück – zu schaffen ist. Und schon jetzt kündigt er an, dass die Kreishandwerkerschaft bei der Umsetzung vor allem auf heimische Innungsbetriebe setzen wird.