Politik Wie die SPD-Basis mit der GroKo kämpft
Die Partei in Krefeld ist gespalten in Befürworter und Gegner. Ralph-Harry Klaer stimmt auf Bundespartei in Bonn mit ab.
Krefeld. Jeweils drei Minuten Redezeit in zwei Gesprächsrunden für jeden Anwesenden. So lauteten die Spielregeln, die Krefelds SPD-Parteichef Ralph-Harry Klaer am Dienstagabend seinen Parteigenossen mit auf den Weg gab, bevor jeder der 100 Besucher seine Sichtweise zu einer möglichen Großen Koalition (GroKo) erläutern durfte. Rund ein Viertel der Besucher machte an diesem Abend dann von dem Rederecht auch Gebrauch.
SPD-Mitglied zur vergangenen Regierungszeit
Befürworter und Gegner einer erneuten GroKo mit CDU und CSU gaben sich dabei die Klinke in die Hand. Vor allem die jüngeren Parteimitglieder, wie Carolin Holtey, sparen nicht mit Kritik an den Ergebnissen, die die SPD-Spitzen um Martin Schulz in den Sondierungsgesprächen in Berlin erreicht hatten. „Wenn ich im Sondierungspapier lese, dass auf der einen Seite 1000 Flüchtlingsfamilien pro Monat der Familiennachzug gewährt werden soll, gleichzeitig aber der Familiennachzug aus Italien und Griechenland gestoppt wird, frage ich mich, wann wir aufhören, uns selber zu verraten.“
Die Krefelder Juso-Vorsitzende Stella Rütten ist der Meinung, dass für „ein paar Ministerposten“ die Identität der Partei nicht verkauft werden dürfte. „Man kann die SPD von der CDU doch nicht mehr unterscheiden“, kritisiert Rütten und ist sich sicher: „Es darf keine Zustimmung für eine erneute GroKo geben.“
Viele Anwesende sind der Meinung, dass es in den vergangenen vier Regierungsjahren durchaus sehr löbliche Erfolge aus Sicht der SPD zu feiern gegeben hätte. „Aber die Ergebnisse sind nicht als die unseren verkauft worden — Beispiel Mindestlohn“, heißt es.
Bundeskanzlerin Angela Merkel würde wie eine „Raupe Nimmersatt“ alle Erfolge der Großen Koalition für sich beanspruchen. „Selbst die CDU ist doch blass geworden unter ihr“, ist sich ein Besucher sicher. Dennoch gibt es auch genug Parteimitglieder, die die SPD in der Regierungsverantwortung sehen.
Ein Redner sieht die Ursache für die schlechten Umfragewerte hingegen in einem nicht vorhandenen SPD-Profil zu den Fragen Sicherheit und Zuwanderung. „Das sind doch die Fragen, die die Menschen in ihrem Alltag beschäftigen.“
„Ich weiß, dass all ihre Argumente aus tiefster sozialdemokratischer Überzeugung stammen“, fasst Parteichef Klaer die Gesprächsrunden zusammen. Seine eigene Sicht der Dinge verbarg Klaer nicht und gab offen zu: „Die Art und Weise, wie sich Martin Schulz nach der Wahl verhalten hat, war aus meiner Sicht dämlich.“
Krefelds SPD-Parteichef will alle Eindrücke vom Dienstagabend mit zum Bundesparteitag am Sonntag nach Bonn nehmen. Dort wird Klaer als Delegierter mit darüber entscheiden, ob die Sozialdemokraten in Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU einsteigen werden oder nicht. „Und wenn es dann doch zum Ja kommen sollte, werden die SPD-Mitglieder höchst selbst über den Koalitionsvertrag abstimmen. Dann muss jeder für sich selber mit bestem Gewissen entscheiden“, so Klaer, der den Diskussionsabend nach mehr als drei Stunden intensiver Gespräche beendete.