Medizin Winterzeit kommt unserer inneren Uhr entgegen

Krefeld. · Interview Der Arzt Ali Yüce erklärt im Gespräch, wie sich die Zeitumstellung auf den menschlichen Körper auswirkt. Ob eine Abschaffung Sinn macht, hängt von dem persönlichen Empfinden und den Lebensumständen ab.

Von Samstag auf Sonntag werden die Uhren umgestellt.

Foto: Dirk Jochmann (DJ)

Am Sonntagmorgen um 3 Uhr wird auf Winterzeit umgestellt – vielleicht zum letzten Mal, sollte der Plan der EU-Kommission zur Abschaffung der Zeitumstellung in die Tat umgesetzt werden. Wir haben einen Facharzt gefragt, der sich mit der Funktion und krankhaften Störung hormonproduzierender Organe befasst, was er aus medizinischer Sicht zu dem Thema zu sagen hat.

Was macht die Zeitumstellung mit dem Menschen?

Ali Yüce: Das ist eine schwierige Frage, die sich gar nicht so pauschal beantworten lässt. Wir Menschen haben alle eine innere biologische Uhr, die unter anderem durch physiologische und endokrine, also hormonelle Prozesse, beeinflusst wird. Wenn diese biologische Uhr durch äußere Umstände gestört wird, kann das verschiedenen Auswirkungen auf den Menschen haben.

Welche Auswirkungen können das sein?

Yüce: Das ist sehr vom jeweiligen Menschen abhängig. Am Tag nach der Zeitumstellung hängen die einen in den Seilen, die anderen merken gar nichts davon.

Passiert denn nach der Zeitumstellung etwas Besonderes im Körper?

Yüce: Vielleicht kann ich das an einem Beispiel erklären. Viele der Hormone in unserem Körper, zum Beispiel Cortisol und Melatonin, haben eine Tagesrhythmik. Cortisol wird beispielsweise immer morgens zwischen vier und sechs Uhr am höchsten ausgeschüttet. Und das völlig unabhängig von den Lebensumständen. Egal ob Schichtarbeiter, Lehrer oder Schüler. Wenn es in dieser Zeit zu Veränderungen kommt , kann das mehr Stress verursachen, als zu einer anderen Tageszeit. Durch eine künstlich herbeigeführte Verschiebung kann es zu einer leichten Entkopplung von innerer Uhr und vorgegebener Uhrzeit kommt. Dieses temporäre Durcheinander kann Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, oder Kopfschmerzen auslösen.

Bemerken Sie denn, dass kurz nach der Zeitumstellung mehr Patienten mit solchen Symptomen zu Ihnen kommen, als sonst?

Yüce: Im Praxisalltag habe ich das nicht bemerkt. Aber es gibt Studien, laut denen die Arztkontaktzahl in den Tagen nach der Zeitumstellung erhöht ist. Außerdem gibt es Untersuchungen, die von einer erhöhten Herzinfarktrate berichten.

Was halten Sie persönlich von der Abschaffung der Zeitumstellung?

Yüce: Medizinisch betrachtet entspricht die Winterzeit der normalen Zeitzone unseres Breitengrades. Sie kommt also dem Ticken unserer inneren Uhr eher entgegen. Aber, wie schon gesagt. Es hängt immer vom persönlichen Empfinden und von den Lebensumständen eines Einzelnen ab: Was wird von einem als angenehmer empfunden? Ist man eher ein Langschläfer oder steht man lieber früh auf?

Haben Sie einen abschließenden Tipp, wie man mit der Zeitumstellung am besten umgehen sollte?

Yüce: Ich kann nur unabhängig von der Zeitumstellung den Tipp geben, dass man auf eine gute Schlafqualität und einen regelmäßigen Rhythmus achten sollte. dge