Wirtschaft Krefelder Unternehmer rettet Ausbildungszentrum

Krefeld · Manchmal kann ein Anruf das Leben von vielen Menschen positiv verändern. Einen solchen Anruf hat Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, im Juni getätigt. Am anderen Ende der Leitung war Heinz-Friedrich Kammen, Geschäftsführender Gesellschafter des Bildungszentrums Metall & Elektro Kammen (MEK) in Krefeld.

 Daniela Perner und Jürgen Steinmetz (IHK) mit Heinz-Friedrich Kammen (v.l.) in der Ausbildungswerkstatt.

Daniela Perner und Jürgen Steinmetz (IHK) mit Heinz-Friedrich Kammen (v.l.) in der Ausbildungswerkstatt.

Foto: WZ/ihk

Nach dem ersten Gespräch und einigen weiteren war klar: Das Ausbildungszentrum der Metall- und Elektroindustrie an der Eupener Straße in Düsseldorf an der Grenze zu Neuss, das bisher von Schmolz und Bickenbach betrieben wurde, ist gerettet und hat eine Zukunft. MEK übernimmt.

Der Reihe nach: Im Juni hatte Schmolz und Bickenbach als Träger des Ausbildungszentrums bekannt gegeben, die Einrichtung zum 31. Dezember dieses Jahres zu schließen. Damit hätten bis zu 60 Unternehmen die Möglichkeit verloren, dort ihre derzeit 100 bis 150 Lehrlinge im Verbund ausbilden zu lassen. Die fünf Ausbilder der Werkstatt hatten bereits die Kündigung erhalten, auch Ausbildungsleiter Ralf Kruse. Ihm stand bei der offiziellen Vorstellung der Pläne in der Werkstatt die Erleichterung ins Gesicht geschrieben: „Ich bin glücklich und dankbar, dass es für uns weitergeht.“ Das machte auch Steinmetz deutlich: „Heute ist ein Tag der Freude und der Erleichterung.“ Alle Mitarbeiter und alle laufenden Ausbildungsverträge werden übernommen.

Der Fachkräftemangel wird
durch Corona nur überdeckt

Dies sei auch eine gute Nachricht für die Region zum Start ins neue Ausbildungsjahr am 1. August. Die Folgen einer Schließung wären immens gewesen. „Dann hätten die Unternehmen noch größere Schwierigkeiten gehabt, Auszubildende zu finden“, sagte Daniela Perner, Geschäftsführerin des IHK-Bereichs Innovation, Bildung, Fachkräfte. „Denn die Rahmenbedingungen wären vor allem für Jugendliche aus dem Einzugsgebiet Düsseldorf und Neuss, die nicht mobil sind, nicht optimal gewesen.“

Jürgen Steinmetz ergänzte: „Aktuell wurden im IHK-Bezirk 20,9 Prozent weniger Ausbildungsverträge als im Vorjahr geschlossen; in Krefeld gab es ein Minus von 13,96 Prozent.“ Aber, so sagt Steinmetz, „es wird eine Zeit nach Corona geben“. Dann werde ein Aufschwung wieder durch einen Fachkräftemangel gebremst. Dem pflichtete Heinz-Friedrich Kammen bei: „Es ist zwar eine schlechte Zeit aktuell für ein solches Vorhaben. Aber wir müssen an die Zukunft denken und antizyklisch handeln.“ Es brauche fünf Jahre Vorlauf, bis ein Unternehmen eine vernünftig ausgebildete Fachkraft habe.

Der 70-jährige Kammen hat Erfahrung in Sachen Ausbildung und Übernahmen. Nachdem das Ausbildungszentrum von Voith Papier in Krefeld Ende September 2015 geschlossen wurde, hatte die MEK die berufliche Weiterbildung in den fünf Qualifizierungscentern, die Verbundausbildung sowie die Umschulungen in Metall- und Elektroberufen nahtlos zum 1. Oktober des selben Jahres übernommen. Kammen war zuvor der Leiter des Ausbildungszentrums von Voith. „Ich hatte damals die Wahl, das Zentrum zu zerschlagen oder es zu übernehmen“, sagte er. Zum Bildungszentrum Metall & Elektro Kammen zählen nun 20 Mitarbeiter und 13 Dozenten. MEK verfügt über fünf Hallen auf einem Gelände von 5300 Quadratmetern. Verbundausbildung, Umschulung und die Qualifizierungscenter arbeiten praxisorientiert. Zudem ist das Zentrum in der Erwachsenenbildung tätigt. Den Krefelder Standort besuchen derzeit 150 Lehrlinge aus 55 Unternehmen sowie 140 Umschüler.

Synergien zwischen Krefeld und Düsseldorf sind eingeplant

Das Ausbildungszentrum von Schmolz und Bickenbach habe einen guten Ruf. „Alle Firmen, die dort ausbilden und mit denen ich gesprochen habe, waren voll des Lobes.“ Und da Unternehmer bedeute, etwas zu unternehmen, tue man dies. „Das Signal heißt nun: Es geht weiter.“ Kammen sagte aber auch, dass er diesen Schritt wagt, weil Sohn und Tochter mit im Unternehmen sind – und ihn unterstützen.

Zentrum zum symbolischen Preis von einem Euro übernommen

Übernommen hat Kammen das Zentrum zum symbolischen Preis von einem Euro. Erst am Donnerstag sind die Verträge unterschrieben worden. Die Grundstücke bleiben im Eigentum von Schmolz & Bickenbach, MEK mietet die notwendigen Hallen. Bisher werden 1000 Quadratmeter genutzt, weitere Flächen können optional hinzukommen. Das sei notwendig, um größere und modernere Maschinen unterzubringen. Kammen: „In den nächsten drei Jahren wollen wir vor allem in neue Maschinen investieren.“ 20 bis 30 Lehrlinge mehr könnten es in Zukunft werden. Sie werden in allen gewerblich-technischen Berufen ausgebildet, etwa als Industriemechaniker, Mechatroniker oder Anlagenführer.

Kammen sieht durchaus Synergien zwischen den Einrichtungen in Krefeld und Düsseldorf, etwa bei einigen Kursen. Und: „Es macht immer einer etwas besser, von dem man lernen kann“, so Kammen. Er denkt zudem daran, an der Eupener Straße ebenso wie in Krefeld Erwachsenenbildung zu etablieren. „Wir werden dort Umschulungen im gewerblich-technischen Bereich anbieten.“