Arbeitsmarkt Berufliche Chancen im Zehn-Minuten-Takt

Krefeld · In der Yayla-Arena loten rund 260 Jobbewerber und 57 Unternehmen aus, ob sie zusammenpassen.

Job-Speed-Dating in der Yayla-Arena: Stefanie Mang und Daniel Macherey (v.l.) von Edeka Kempken und Esther von Salm-Hoogstraeten.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Am Mittwoch war der VIP-Bereich der Yayla-Arena auf allen Etagen so voll, als hätten die Eishockeyspieler der Pinguine ein Play-off-Spiel um die deutsche Meisterschaft. Um nicht viel weniger ging es für die Arbeitsuchenden 262 Bewerber und für die 57 mittelständischen, nach Fachkräften ausschauenden Unternehmen. Insgesamt standen 1200 ausgeschriebene Stellen zur Verfügung. Um Arbeitsuchende und Personalentscheider regionaler Firmen zusammen zu bringen, schlossen das Jobcenter Krefeld und der Tüv Nord Bildung eine Kooperation und organisierten ein sogenanntes Job-Speed-Dating mit Gesprächen im Zehn-Minuten-Takt. „Das ist viel greifbarer als eine Bewerbung per Papier oder online ohne Antwort. Hier lernen sich kurz und knackig beide Parteien persönlich kennen“, beschreibt Tavin Lara Turanli das Format. Wenn die Chemie stimme, könnten sofort weiterführende Bewerbungsgespräche vereinbart werden, sagte die Geschäftsführerin des Jobcenters Krefeld.

Spontane Einladung
zu einer Probewoche

Ein Beispiel dafür ist der 33-jährige gebürtige Ungar Peter Jovanovics, der vor fünf Jahren seine Heimat verließ, weil er dort seine Arbeit als gelernter Gärtner verlor. An diesem Tag hat er bereits Gespräche mit den Personalverantwortlichen zweier Firmen geführt. Vanessa Schulze vom Garten- und Landschaftsbauer Rocholl aus Krefeld-Uerdingen lud ihn spontan zu einer Probewoche ein. „Ich wusste, dass ich eine Stelle bekomme, wenn man mir nur eine Chance gibt“, sprüht Jovanovics vor Eifer und Optimismus, auch wenn er seine Teamfähigkeit noch beweisen muss. „Wir wollen wachsen, bilden auch selbst aus und suchen noch Fachkräfte, Helfer und Auszubildende“, sagt Schulze. Sie räumt dem Bewerber beste Chancen ein: „Solch begeisterungsfähige Mitarbeiter braucht man. Unter den sieben bisherigen Kandidaten ist er der Favorit.“

Unter den Bewerbern waren alle Altersgruppen zu finden. Die 54-jährige Esther von Salm-Hoogstraeten ist als Einzelhandelskauffrau für Damenoberbekleidung ein Opfer des darbenden Einzelhandels und seit September 2018 arbeitslos. Sie hat die Zahl ihrer Bewerbungen nicht mitgezählt. „Um die 200 werden es wohl gewesen sein.“ Dabei sei sie vielseitig interessiert und flexibel. So habe sie es schon in der mobilen Altenpflege versucht, aber der knochenharte Job sage ihr nicht zu. „Ich bin eine leidenschaftliche Beraterin, und es ist ein schönes Gefühl, wenn die Kundinnen nach mir fragen.“ Zwei Gespräche hat sie bis zum Mittag beim Speed-Dating schon geführt, unter anderem am Stand von Edeka Kempken.

Dort haben sich Kauffrau Stefanie Mang und Kaufmann Daniel Macherey auf 20 angemeldete Bewerber eingestellt. Gesucht werden 20 Voll- und Teilzeitkräfte einschließlich acht Auszubildenden in den typischen Berufen des Lebensmittelfachhandels. Von Salm-Hoogstraeten gibt sich kämpferisch: „Ich möchte hier und heute nicht raus ohne Arbeit.“

„Menschen mit dieser Einstellung gehen meist auch mit einem Job nach Hause“, bestätigt Geschäftsführer Hermann Oecking vom Tüv Nord Bildung. Er habe das Format des Job-Speed-Datings vor Jahren in den Niederlanden entdeckt und es schon wiederholt erfolgreich durchgeführt. „Für Krefeld ist es die gelungene Premiere.“ Der Vorteil sei, dass sich die Personalentscheider persönlich von den Stärken und Kenntnissen der Bewerber überzeugen können. Das bestätigt Geschäftsführer Marcus Koll von Inotec Industrieservice aus Neuss. „Wir suchen aktuell gut zehn neue Mitarbeiter in überwiegend technischen Berufen.“ Er verlässt sich gerne auf den ersten Eindruck und sein Bauchgefühl und schließt selbst „Liebe auf den ersten Blick“ nicht aus. Entscheidend sei allerdings das ausführliche Zweitgespräch in der Firma.