Sinn: Agenda 2010 ist der richtige Weg

Impulse-Wirtschaftsforum: Der Leiter des Ifo-Instituts erklärt, warum die Globalisierung nicht so gefährlich wie der Mindestlohn ist.

Krefeld. Als echter Verfechter von Gerhard Schröders Agenda 2010 erweist sich der Leiter des Münchener Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans Werner Sinn: "Der Staat sollte mehr fürs Mitmachen bezahlen, damit er nicht so viel fürs Wegbleiben zahlen muss."

In nur anderthalb Stunden erklärt der Professor für Volkswirtschaft den gut 300 Gästen des Impulse-Wirtschaftsforums, warum wir die Agenda brauchen, um die Folgen der Globalisierung zu überstehen.

Und zwar so schlüssig und auch für Laien verständlich, dass man sich nicht mehr wundert, warum dieser Mann so oft zitiert wird.

Zum zweiten Mal hatten IHK und Westdeutsche Zeitung in die Räume der Krefelder Mercedes-Benz-Niederlassung an der Magdeburger Straße eingeladen, um einen interessanten Redner zu präsentieren.

Sinn ist nicht nur gefragter Gesprächspartner der Politik, sondern auch vielgefragter Interviewpartner der Medien, wie der Chefredakteur der WZ, FriedrichRoeingh, bei der Vorstellung des Gastes betonte. Und das, obwohl böse Zungen ihn als "Nostradamus der Wirtschaftsforschung" bezeichnen.

Dabei zeichnet der 60-jährige Wissenschaftler mit dem Eppler-Bart in seinem Vortrag "Deutschland im Sog der Globalisierung" gar keine düsteren Zukunftsvisionen.

Die Globalisierung erschüttere zwar das Gleichgewicht der Welt, und es werde ein halbes Jahrhundert dauern, bis sich das wieder eingerüttelt hat, ist er sich sicher. Aber einen Riesennachteil für die Wirtschaft vermag er nicht zu erkennen. Die zunehmende Spezialisierung führe zu mehr Wohlstand.

In den westlichen Ländern, wie auch in Deutschland, hat man sich auf die Endstufe spezialisiert. Die arbeits- und damit kostenintensiven Bereiche hingegen werden ins Ausland verlagert: "Die Werkbank löst sich vom Tresen". So erklärt sich, dass Deutschland Export-Weltmeister ist - zumindest was die Waren angeht - und mit rund 1000 Topunternehmen immer noch der "Werkzeugladen der Welt".

Aber wir erzielen keine Handelsgewinne, sind beim Bruttoinlandsprodukt an vorletzter Stelle in Europa, weil der einfache Arbeiter bei dieser "Basar-Ökonomie" der Verlierer ist, so Sinn.

So sei das Problem der Globalisierung die Nivellierungstendenz beim Lohn. Während die Kosten in China derzeit bei 1,10 Euro liegen, sind es in Deutschland 33,50Euro. Auf den Kostendruck und die damit verbundene Auslagerung von Arbeitsplätzen müsse man mit niedrigeren Löhnen reagieren können.

Deshalb spricht sich der Wirtschaftsfachmann vehement für eine Flexibilisierung der Löhne aus. Die Agenda 2010 habe den richtigen Weg gewiesen, das zeige die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen und der Armut in Deutschland seit deren Einführung unter Kanzler Schröder.

Das von Postchef Klaus Zumwinkel in die Diskussion um die Mindestlöhne gebrachte Papst-Zitat "Jeder muss von seiner Hände Arbeit leben können", hält er für den "dümmsten Spruch des Jahres 2007".

Für Sinn gilt vielmehr: "Jeder, der will, muss arbeiten können und dann genug zum Leben haben". Er spricht sich für ein Mindesteinkommen aus, das über Lohnzuschüsse subventioniert wird, um den Anreiz, eine nicht so gut bezahlte Arbeit aufzunehmen, zu steigern.

Dies werde letztlich, so eine Modellrechnung des Ifo-Institutes, sogar billiger als die "Subvention des Nichtstuns".