TKN: Der Tag der Entscheidung?
Über 1000 Stahlarbeiter gestern in Essen. Heute ist Sitzung des Aufsichtsrats.
Krefeld. Ist Dienstag der Tag der Entscheidung? Um 17 Uhr kommt der Thyssen-Krupp-Aufsichtsrat zu einer außerordentlichen Sitzung in Essen zusammen. Beraten wird der vorgesehene Verkauf der Edelstahlsparte an den finnischen Konzern Outokumpu. Ob auch entschieden und es zu einer Kampfabstimmung kommen wird, ist offen. Deshalb ist am Montag im Essener Hotel Atlantic zwischen den Arbeitnehmervertretern und der IG Metall sowie den Managern von Outokumpu unter Hochdruck weiter verhandelt worden.
Um 12 Uhr fuhren in Krefeld ab Tor 2 von Nirosta 14 Busse mit 700 Nirosta-Stahlarbeitern nach Essen, um mit den Kollegen aus drei anderen Standorten — insgesamt über 1000 waren vor dem Hotel — die Forderungen der Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter zu unterstützen. Mit im Bus: der Krefelder DGB-Vorsitzende Ralf Köpke, Ralf Claessen, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Krefeld, und Bernd Börgers, der als Gewerkschaftssekretär diese Busfahrt organisiert hat. Mit dabei waren auch 20 Mitarbeiter des Spezialchemie-Konzerns Lanxess, die aus Solidarität mitfuhren.
Turnusmäßig, aber jetzt unter völlig anderen Vorzeichen, sind für Mittwoch um 10, 15 und 17.30 Uhr Belegschaftsversammlungen von Nirosta im Seidenweberhaus angesetzt. „Ob und wie sie stattfinden oder ob es am Gelände an der Oberschlesienstraße zu Protesten bis hin zu Werksbesetzungen kommt, kann zurzeit niemand beantworten“, sagt Ralf Claessen. Zu viel hängt von den Verhandlungen ab, bei denen die Arbeitnehmerseite gestern zu verlässlichen Zusagen kommen wollte.
Dementsprechend angespannt waren die Verhandlunen, zumal die finnischen Vertreter auch gestern nicht bereit waren, bisher tariflich zugesagte Sicherheiten für die Arbeitsplätze fortzuschreiben, hieß es. Weitere Verhandlungen heute Morgen sind nicht auszuschließen.
DGB-Vorsitzender Ralf Köpke ist dabei enttäuscht, dass in der gesamten Verhandlungszeit vom Thyssen-Krupp-Konzern nichts zu hören war: „Da hätte ich viel mehr erwartet.“ Der Aufsichtsrat ist paritätisch besetzt mit zehn Aktionärs- und zehn Arbeitnehmervertretern. Falls es bei einer Abstimmung zum Patt kommen sollte, hat Gerhard Cromme als Vorsitzender doppelte Stimme.
Extreme Sorgen um das Krefelder Nirostawerk macht sich mit vielen Stahldorfern auch Marion Linder, Vorsitzende des Bürgervereins. Sie war wie viele andere in der Vorwoche bei der Demo und beim Gottesdienst vor Tor 2. „Ich habe festgestellt, dass viele, die gegen das Stahlwerk gewettert haben, über die mögliche Schließung sehr betroffen sind“, sagte sie gestern zur WZ. Gestern haben vier Nirosta-Vertreter einen Brief mit 700 Unterschriften an der Villa Hügel für Prof. Berthold Beitz übergeben, in dem sie ihn um Hilfe bitten. Beitz ist unter anderem Vorsitzender und geschäftsführendes Mitglied des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung.