Zoo Krefeld Im Schmetterlingshaus kehrt Leben ein
Krefeld · Die Eröffnung des Gebäudes im Krefelder Zoo am Samstag entfällt wegen der Corona-Pandemie. Die hat auch für die Züchter der Falter weltweit bittere Folgen.
Eine der faszinierendsten Erscheinungen der Natur sind die Schmetterlinge. Sie sind Meister der Verwandlung, von der Raupe über die Puppe hin zum Schmetterling. Ob Wolfgang Goethe, August Strindberg oder Vladimir Nabokov – große Schriftsteller schwärmten von den Tag- und Nachtfaltern, die mit rund 180 000 bekannten Arten eine der größten und beliebtesten Insektengruppen auf der Erde sind. „Manche leben nur wenige Tage, manche einige Monate“, erzählt Cornelia Bernhardt vom Krefelder Zoo. Als Kuratorin des Schmetterlingshauses muss sie es wissen. „Mit den Schmetterlingen kommt der Frühling zurück in den Zoo“, sagt sie. Doch in diesem Jahr muss die Eröffnung am 28. März wegen der Corona-Pandemie ausfallen.
Bernhardt bestückt jedes Jahr aufs Neue das 145 Quadratmeter große eigene Areal neben dem Eingang zum Regenwaldhaus. Immer im Frühling, wenn die Temperaturen langsam steigen, es heller und die Sonnenstrahlen wärmer werden. Die weltweite Corona-Pandemie ist jedoch auch hier in diesem kleinen Mikrokosmos zu spüren. Die ersten georderten Puppen aus dem südamerikanischen Costa Rica sind wegen der von der Lufthansa eingestellten Flüge nicht ausgeliefert worden. Über einen englischer Händler sind am Dienstag verpuppte Falter aus Asien, Malaysia und den Philippinen, ein sogenannter Asienmix, dafür angekommen. „Das war wohl vorerst erst mal die letzte mögliche Lieferung“, sagt Bernhardt bedauernd. Die 200 neuen Gäste hängen inzwischen im sogenannten Schlupfkasten.
Um ein Haus dieser Größe in Krefeld attraktiv anbieten zu können, braucht es etwa 200 Schmetterlinge am Tag. Der Kreislauf der Stadien Eierlegen, Raupe, Verpuppung bis zum Schmetterling muss gewährleistet sein. Die unterschiedliche Lebensdauer ist dabei ebenso einzurechnen.
Zoo züchtet nur zwei
der bis zu 90 Arten selbst
80 bis 90 verschiedene Arten sind normalerweise im Krefelder Schmetterlingshaus zu beobachten. „Wir züchten nur ganz wenige Arten selbst“, erzählt Bernhardt. Da die Schmetterlinge spezielle Nahrungspflanzen benötigen, müsste der Zoo weitaus mehr als die dort angepflanzten tropischen Bäume, Sträucher und Blumen im Schmetterlingshaus anbieten. Das würde bei weitem den Rahmen des Hauses sprengen. Deshalb bekommen Zoos ebenso wie die großen Schmetterlingshäuser europaweit die meisten Schmetterlinge als Puppe aus den Ursprungsländern Costa Rica, Asien und Afrika geschickt.
„Wenn Puppen gut gepolstert in Watte eingepackt und mit Styropor gegen die Kälte isoliert sind, können sie gut per Fracht verschickt werden“, erzählt Bernhardt. In den Herkunftsländern sind es vor allem die Frauen aus Bauernfamilien, die in einem Stück Regenwald die Puppen züchten und somit ein Zweiteinkommen für die Familie sichern. Doch jetzt mit Corona sei die Situation schwierig für die Züchter, wie sie aus Mails von ihnen erfahren hat. Normalerweise kriegt der Krefelder Zoo alle zwei Wochen bis zum Herbst eine neue Lieferung. Doch jetzt fallen die Flüge aus, die zusätzlichen Einnahmen für die Züchter brechen weg. „Wir müssen sehen, wie es weitergeht, damit sie nicht pleite gehen und wir am Ende keine Schmetterlingszüchter mehr haben“, sagt die Biologin beunruhigt.
Immerhin zwei verschiedene Arten züchtet der Krefelder Zoo selber: Eine Unterart der Passionsblumenfalter und eine asiatische Schwalbenschwanzart. Einige Puppen davon hatte der Zoo überwintert. Die ersten schwarzen Exemplare sind schon geschlüpft und im geschlossenen Schmetterlingshaus unterwegs. Für den orange-farbenen Passionsblumen-Falter züchtet der Zoo jedes Jahr aus Stecklingen in seinem eigenen Gewächshaus neue Passionsblumen, nicht die bekannte weiß-blaue, sondern die zweiblütige Passiflora biflora. Deren kleine gelben Blüten dienen dem Passionsblumen-Falter, auch Julia oder Fackel genannt, als Futterpflanze. „Die Weibchen legen ihre Eier nur auf ganz speziellen Wirtspflanzen ab, denn die Raupen essen nur bestimmte Pflanzen, deshalb ist die Artenvielfalt auch auf heimischen Wiesen so wichtig“, erklärt Bernhardt.
Während die meisten Falter nur ein bis zwei Wochen überleben, lebt der Passionsblumenfalter drei bis vier Monate. Dass sie so langlebig sind, liegt an dem gelben Pulver auf den Blüten-Tablets, die im Schmetterlingshaus an den Wegen verteilt sind. In den dazugehörigen Reagenzgläsern wird eine Nektar-/Honigmischung eingefüllt sowie Obststückcken und Pollen. Der wird extra eingekauft. „Da gehen besonders gern die Passionsfalter dran“, erzählt Bernhard. Und die Besucher erkennen das gut daran, dass diesen Faltern kleine gelbe Staubkörner anhaften, weil sie nicht alle aufnehmen können. Sie haben bestimmte Enzyme in ihrem Rüssel, die Eiweißstoffe im Speichel des Rüssels aufschließen können, wodurch sie die Pollen als Nahrung verbrauchen können. „Andere Arten haben das nicht und leben vermutlich deshalb nicht so lange.“
Zoo hat Wiesen für einheimische Schmetterlinge angelegt
Wer zu später Stunde ins Schmetterlingshaus geht, sieht die einzelnen Arten immer als Gruppe vereint, dicht an dicht, anmutend wie Blätter, wie sie so reglos da sitzen und schlafen. „Das ist Strategie“, sagt Bernhard. Sie schlafen zusammen und ein jeder hofft, dass bei einem Angriff der andere erwischt wird.
Sie sind für das Leben in der Natur gut gewappnet. Der größte Feind jedoch ist der Mensch beziehungsweise die Zerstörung der Natur und damit einhergehend der Artenvielfalt. Lebensraum wie Nahrungsgrundlagen gehen zusehends verloren. Für die exotischen Tages- und Nachtfalter ebenso wie für die heimischen Schmetterlings-Populationen.
Um auf deren Gefährdung hinzuweisen, hat der Zoo rund um das Regenwaldhaus einheimische Schmetterlingswiesen angelegt und verkauft an Besucher heimische Wildblumensamen. Dabei komme es gar nicht darauf an, einen eigenen Garten zu haben, auch auf dem Balkon oder der Terrasse können die Menschen Schmetterlingen eine Lebensgrundlage geben. Dazu sei es nur wichtig, heimische Blumen und blühende Gehölze anzubieten, deren Blüten einfach gefüllt sind. Denn nur die produzieren Nektar.
Weitere Informationen zu den Tieren gibt der BUND auf