Klimaneutral 2035 Zwei Drittel der Gebäude in Krefeld müssen saniert werden

Krefeld · Das Gütesiegel „Mein Fair-Mieter“ hat Zahlen veröffentlicht, wie viel Geld Eigentümer in Krefeld in ihre Gebäude investieren müssten, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dabei gibt es für den Gebäudesektor noch gar keine festgelegten Regeln.

Energieberater können bei der Planung von Sanierungen helfen.

Foto: dpa/Martin Schutt

Die Zahlen, die das Gütesiegel „Mein Fair-Mieter“ aufruft, klingen zunächst bedrohlich: Aufgrund der Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung müssten Wohnungseigentümer in Krefeld rund 435 Millionen Euro pro Jahr nach und nach in Sanierungen investieren, um die Wohnungen auf einen hohen Energiespar-Standard zu bringen, der bis 2045 erforderlich ist. Das geht aus einer Analyse zum regionalen Wohnungsmarkt hervor, die das Pestel-Institut aus Hannover für das Gütesiegel erstellt hat. Allein 195 Millionen Euro jährlich seien demnach notwendig, um die 72 400 Mietwohnungen in Krefeld zu sanieren. Es sind Summen, die so bislang nur als Schätzungen vorhanden sind. Denn eine Pflicht zur energetischen Gebäudesanierung besteht derzeit noch nicht.

Die Stadt Krefeld hat sich dieser Aufgabe trotzdem bereits angenommen. Ihr eigenes Klimaschutzkonzept sieht eine Neutralität auf diesem Sektor im Jahr 2035 und somit zehn Jahre früher als beim Bund vor. Es betrifft aber nur ihre eigenen Liegenschaften, wie Stadtsprecher Sebastian Peters erklärt. „Die Stadtverwaltung sieht in ihrem Klimaschutzkonzept ,KrefeldKlima 2030‘ keine konkrete Pflicht zur Sanierung von Gebäuden vor“, so Peters. Wenn Regelungen dazu erfolgen, könnten sie nicht nur auf kommunaler Ebene beschlossenen werden. Klar sei aber: „Die Einhaltung der Klimaschutzziele wird in Deutschland nur gelingen können, wenn perspektivisch weitere bauliche Maßnahmen an Gebäuden erfolgen“, sagt Peters. Grundsätzlich werde den Eigentümern auch jetzt schon empfohlen, sich einen Energieberater an die Seite zu holen, um einen möglichen Sanierungsbedarf zu ermitteln und so auch die Kosten abschätzen zu können. „Grundsätzlich ist die Höhe der Sanierungskosten insbesondere vom Gebäudealter, dem Gebäudezustand sowie der Art und dem Umfang der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen abhängig, sodass für jedes Gebäude eine Einzelfallbetrachtung durchzuführen ist, um die tatsächlichen Kosten zu ermitteln.“

Auch Michael Heß von Haus & Grund Krefeld/Niederrhein berichtet, dass das Vorhaben, den Gebäudesektor zu sanieren, vorwiegend auf einer sehr abstrakten Ebene stattfindet. Bislang gebe es zwar schon Regelungen, aber keine gesetzlich festgelegten Pflichten. „Es gibt nur Modelle, die die anstehenden Sanierungskosten für Eigentümer auf einer abstrakten Ebene berechnen“, sagt Heß.

„Wahrscheinlich müssen zwei Drittel der Gebäude in Krefeld saniert werden.“ Diese Zahl ergebe sich aus den Baujahren, die mit dem Wohnungsmarktbericht von 2018 erfasst wurden. 75 Prozent wurden vor 1980 gebaut und erfüllten kaum bis gar nicht die energetischen Anforderungen. Die genaue Erfassung der sanierungsbedürftigen Gebäude sei noch nicht erfolgt. In diesem Zusammenhang könnte eventuell die Einkommensteuererklärung für Eigentümer noch wichtig werden. Dort soll mit der Grundsteuerreform erstmalig die Grundsteuer neu berechnet und mit der ESt erfasst werden. Die Angaben könnten einen genaueren Aufschluss über den Immobilienbestand Krefelds geben. Dies sei allerdings von datenschutzrechtlicher Seite alles noch sehr ungewiss, so Heß.

Fördertopf stellt eine
halbe Million Euro bereit

Ebenso ungewiss ist die Kostenfrage. Es gibt Grundlagen-Berechnungen, die von 1000 bis 1500 Euro Sanierungskosten pro Quadratmeter ausgehen. Heß erzählt, dass die Kosten gedrittelt werden sollen. Ein Drittel trägt der Mieter, ein Drittel der Vermieter und ein Drittel die öffentliche Hand. Die öffentliche Hand, sprich die Stadt Krefeld, bietet schon seit dem 1. Oktober 2021 mit dem Förderprogramm „Klimafreundliches Wohnen“ Unterstützung für unterschiedliche Maßnahmen an. Gefördert werden Photovoltaik-Anlagen, thermische Solaranlagen, Wärmepumpen, Dachbegrünungen und klimafreundliche Sondermaßnahmen, für die jeweils individuelle Fördervoraussetzungen und -höhen definiert werden, zum Beispiel bei Fassadenbegrünungen. „Hierfür stehen im Haushalt 2022 Finanzmittel in Höhe von 500 000 Euro zur Verfügung. Im letzten Jahr wurden Förderanträge gestellt, die insgesamt einem Finanzvolumen von rund 150 000 Euro entsprachen“, so Peters.

Letztlich bliebe festzuhalten, dass Eigentümer, aber auch Mieter, noch nicht konkret wissen können, was genau auf sie zukommt. Doch es gibt bereits jetzt Möglichkeiten, sich zu informieren und schon in die Umsetzung zu gehen. Denn auch wenn die Vorgaben noch nicht gesetzlich verpflichtend sind und nicht vorgeschrieben ist, was wie zu tun ist, ist eines doch konkret: Die energetische Aufbereitung des Gebäudesektors wird kommen. „Und die Sanierungen kosten Geld; das ist eine Tatsache“, schließt Heß.