Auf dem Friedhof der Mobilität
Die Schrottplätze von einst haben sich aufgrund von Umweltauflagen und verändertem Kundenverhalten zu Verwertungsbetriebengewandelt.
Wülfrath. Fürs erste Auto war er überlebenswichtig: In Zeiten dürftig bestückter Geldbörsen galt der Schrottplatz als unverzichtbare Anlaufstelle für fast alle automobilen Probleme.
Ausgestattet mit 17er-Schlüssel, Hammer und Zange besorgte man sich auf diesem Friedhof der Mobilität die dringend benötigten Teile, um die Lebensdauer des Wagens zu verlängern. Und wenn trotz Kunstharzspachtel und Schweißversuchen der Tüv-Prüfer nur noch ein „So geht das nicht“ gemurmelt hat, fuhr man eben ein letztes Mal „zum Schrott“.
Schrottplätze gab es früher fast in jeder Stadt. Dort stapelten sich die „alten Möhrchen“ und Unfallwagen zu rostenden Türmen. VW Käfer (für jüngere Leser: ein technisch schlichter Vorgänger des VW „Beetle“) gab es wie Sand am Meer.
R 4 und „Ente“ (das waren französische Autos mit starker Rost- und Kurvenneigung) waren ebenfalls beliebte Ersatzteilspender. Mit den den meist bärbeißigen Platzbesitzern handelte man dann den Preis aus.
Der Schrottplatz von heute heißt Autoverwertung, aber bärbeißig wirkt auch Herbert Tach, der Kenner von Schrott und Ersatzteilen aller Art an der Dieselstraße in Wülfrath ist. Dort liegt die Anlage von Horst Schneider, der neben Kfz-Recycling auch Werkstatt und Abschleppdienst betreibt. Strenge Umweltauflagen und ein verändertes Kundenverhalten haben aus den Halden von einst durchorganisierte Autozerleganlagen gemacht.
„Was kosten die Mondeo-Felgen?“, fragt ein jugendlicher Kunde. „120 — mit Aufziehen und Wuchten“, brummt Tach. „Aber beeil’ dich, die sind schnell weg.“ Vier Leichtmetallfelgen für 120 Euro — Schnäppchen sind auch heute noch möglich.
Und wer etwas Sachverstand und nicht zwei linke Hände hat, kann viel sparen: Ein Freizeitschrauber sucht „eine Bremsscheibe für Clio Baujahr 2000“, ein anderer fragt nach Antriebswellen für einen Mazda, ein junger Mann sucht einen Türöffner — „93er Suzuki Swift“.
Tach überlegt kurz und sagt: „Geradeaus runter, dann auf der linken Seite, ein Dunkelblauer.“ Er kennt jedes Auto und dessen Standort. „Das ist meine Welt, ich bin seit knapp 30 Jahren hier.“
Im Lager liegen in schweren Regalen Motoren („ab 300 Euro“), Getriebe, Hinterachsen, Federbeine, in einer weiteren Halle lagern Lichtmaschinen, Benzinpumpen, Kompressoren für Klimaanlagen.
Hinterm Büro liegen in den Regalen säuberlich beschriftet Scheinwerfer, Blinker und Rückleuchten, Antriebswellen, Querlenker, Armaturenbretter, Türen, Motorhauben, Heckklappen. „Ich kenn’ alles, ich brauch’ keinen Computer“, versichert Herbert Tach.
Früher seien die Autos abgeliefert und gestapelt worden — fertig. Heute müssen sie erst „trockengelegt“ werden — sämtliche Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffe werden entfernt. Was brauchbar ist, wird abgeschraubt. Dann kommt der Wagen auf die Halde — zum Ausschlachten.
„Die Leute sind faul geworden. Die wollen heute kaum noch was selbst abschrauben“, sagt Tach. Für Besitzer älterer Fahrzeuge ist der Schrottplatz oft die letzte Hoffnung. Im Wülfrather Lager gibt es noch Türen des legendären Opel Manta oder eine Motorhaube eines alten Opel Diplomat.
Aber manches ist auch Geschichte: Ein Kundin sucht eine Aufhängung für die Lichtmaschine ihres Passat Baujahr ’89: „Tut mir leid: Das Auto ist zu alt.“