„Bücherwürmchen“ erkunden mit allen Sinnen ihre Umwelt

In der Stadtbücherei im Kaiserhof können Kleinkinder seit gestern spielerisch den Umgang mit Medien erlernen.

Erkrath. Schnell krabbelt Amelie über die blau-gelbe Decke Richtung Holzkiste und greift mit beiden Händen nach der oberen Kante. Die Einjährige zieht sich hoch, steht wackelig.

Ihre Eltern, Nicole und Michael Höltge, hören Anne Heimansberg-Schmidt zu. „Nehmen Sie ruhig Bücher, die erst für Kinder ab zwei Jahren geeignet sind“, sagt die Bibliothekarin und zeigt ein Bilderbuch. „Das Kind achtet erst einmal auf Vertrautes. Mit dem Rest kann es sich später beschäftigen.“

In der Stadtbücherei im Kaiserhof haben sich am Mittwoch zum ersten Mal die „Bücherwürmchen“ getroffen. Jeden ersten Mittwoch im Monat bilden dort Eltern, die Kinder im Alter bis zu zwei Jahren haben, einen Stuhlkreis. „Wir möchten Väter und Mütter, die gerade in Elternzeit sind, anregen, ihren Kindern Medien nahe zu bringen. Damit kann man gar nicht früh genug anfangen“, sagt Heimansberg-Schmidt.

Die Bibliothekarin stellt neben Kinderbüchern auch Elternratgeber sowie Brett- und Holzspiele vor. Jede Veranstaltung findet unter einem anderen Motto statt. „Ich werde immer größer“ ist der Titel des ersten Treffens.

„Kinder sollen lernen, in Kategorien zu denken und zu abstrahieren. Das hilft ihnen, die Welt zu verstehen“, sagt Heimansberg-Schmidt, die den Kleinen dazu ein Bilderbuch und einen pinken Plastikkoffer mitgebracht hat. Teddybär, Rassel, Schuhe — all das sehen die Kinder zunächst in dem Buch und ziehen es dann aus dem Koffer. Sie merken, dass zum Beispiel eine Rassel eine Rassel ist, auch wenn sie anders aussieht als auf dem Papier.

„Wir veranstalten aber keine Spielgruppe“, sagt Heimansberg-Schmidt. „Unser Angebot richtet sich an Eltern. Sie können hier lernen, ihr Kind beim Entdecken der Welt zu unterstützen.“ Die Erwachsenen erhalten deshalb bei jedem Treffen eine Literaturliste, auf der geeignete Kinderbücher aber auch Sachbücher stehen — zum Beispiel „So bleibt ihr Kind gesund und munter“ oder „Jedes Kind kann schlafen lernen“.

Bei den neun Eltern, die bei der Premiere der „Bücherwürmchen“ dabei sind, kommt die Idee gut an. „Die Kombination aus Büchern, Spielen und Ratgebern ist super. Wenn ich einmal Hilfe brauche, weiß ich, was ich lesen muss“, sagt Nicole Höltge. „Zudem kostet der Ausweis für die Bücherei nur 13 Euro. Brettspiele sind viel teurer. Hier kann ich sie ausleihen.“ Schließlich seien Kinder nach ein paar Jahren für manche Bücher und Spiele bereits wieder zu alt.

Ursula Brands, die mit ihrer elf Monate jungen Charlotte an dem Treffen teilnimmt, sieht in Büchern eine gute Alternative zu Beschäftigungen, die Lärm machen. „Kinder müssen auch mal zur Ruhe kommen“, sagt die Mettmannerin und spricht Anne Heimansberg-Schmidt damit aus der Seele.

Der Bibliothekarin ist es ein Anliegen, Kleinkinder nicht zu überfordern. Daher dauert das Treffen in der Stadtbücherei lediglich 45 Minuten — und zum Abschluss singen Eltern und Kinder noch ein Lied. „Biba-Bücherwurm, alle Kinder winken schon, wollen jetzt nach Hause gehen.“