Der Schlankheitswahnsinn erfasst inzwischen auch schon Grundschülerinnen

Das Erkrather Frauenforum diskutierte diesmal über das Thema Magerwahn und Essstörungen. Referentin Sabine Böse berichtet aus ihrem Alltag in der Frauenberatungsstelle.

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Erkrath. Welche Zeit bietet sich besser an, um über die Ernährung und die Figur zu sprechen als der Januar? Nach herrlichem Gaumenschmaus und Weihnachtsspeck ist es wieder an der Zeit, der Bikinifigur entgegen zu streben. Da passte es ganz gut, Sabine Böse von der Frauenberatungsstelle in Wuppertal zum Frauenforum einzuladen, dachte sich Annegret Pollmann, Gleichstellungsbeauftragte in Erkrath.

Am zweiten Mittwoch jedes ungeraden Monats treffen sich die interessierten Damen rund um das Frauenforum „FrauKe“. Und jedes Mal ist eine Referentin zu Gast, die über ein Thema erzählt, zu dem die Teilnehmerinnen früher schon Interesse bekundet haben.

Nun war Sabine Böse aus Wuppertal an der Reihe mit einem ernsten Thema, das weit mehr Mädchen und Frauen betrifft, als man vielleicht glauben mag: Jedes dritte junge Mädchen leide unter Essstörungen, sagt sie. Seit 26 Jahren ist sie in der Beratungsstelle tätig und hat mit der Zeit beobachtet, dass sogar immer mehr Grundschülerinnen betroffen sind.

Doch woher kommt dieser Wahn, dünn sein zu wollen? Und das um jeden Preis? Eine Antwort auf diese Frage sieht Sabine Böse unter anderem im Fernsehformat „Germany’s Next Topmodel“, das seit 2006 immer mehr Beliebtheit erlangt bei Schülerinnen.

Vor dem Start der Sendung seien laut Umfragen noch 70 Prozent der 14- bis 17-Jährigen mit ihrem Körper zufrieden gewesen. Im Jahr 2013 war dies mit 47 Prozent nicht einmal mehr die Hälfte aller befragten Mädchen. Diese Entwicklung sieht Sabine Böse als problematisch an. Um zu verdeutlichen, dass dies eine relativ neuartige Entwicklung in der Gesellschaft ist, hat sie einen Zeitstrahl mitgebracht. Dieser reicht vom Jahr 25 000 vor Christus bis heute. Es wird deutlich wie sich das Schönheitsideal immer mehr gewandelt hat: Waren früher weibliche Rundungen begehrt, sieht man sich heute nur noch mit mageren Models konfrontiert.

Eine Gegenbewegung 2008 habe sich leider nicht durchgesetzt, bedauert Sabine Böse. Doch wie werden dicke und dünne Menschen wirklich wahrgenommen und ab wann kann es lebensbedrohlich werden? Da wird der Vortrag interaktiv und die Referentin fordert zur Mitarbeit auf. Vorurteile wie Dicke beziehungsweise Dünne sind, sollen gesammelt werden. „Gemütlich“ und „faul“, heißt es. Oder auch „Hungerhaken“, „beliebt“, „diszipliniert“. Wichtig ist, dass man sich im eigenen Körper wohlfühlt. Man soll sich schön finden und ein gutes Selbstwertgefühl haben, wie die Frauenberaterin betont.

Sie findet das Thema sehr spannend und wichtig: „Essen, die Zubereitung und die Figur sind relevant für Frauen“, sagt sie. Sie wolle deutlich machen, dass man den Menschen dahinter sehen und Hilfe für Betroffene anbieten müsse. Denn die brauchen sie dringend: 20 Prozent der Magersüchtigen sterben nämlich an ihrer Krankheit. Das sei eine erschreckend hohe Zahl, sagt Sabine Böse. Da sind sich auch alle einig. Frauen haben so viel erreicht bis heute, sie sind emanzipiert. „Da dürfen sie sich jetzt nicht einfach dünn machen.“