Die Düssel ist Balsam für die Seele
46 Kilometer misst die Düssel von der Quelle bis zur Mündung. Sebastian Brück entdeckt sie etappenweise - als Düssel-Flaneur.
Erkrath/Wülfrath. Rousseau war ein leidenschaftlicher Flaneur. Wer ihm lesend bei seinen „Träumereien eines einsamen Spaziergängers“ folgte, konnte viel über das Seelenleben des französischen Literaten erfahren. Sebastian Brück (47) hingegen flaniert, um uns alle mitzunehmen, entlang der Düssel. Diesem wunderbaren, von Wülfrath in den Rhein mäandernden Flüsschen, das nicht mit weiträumigen Ufern lockt. Dafür jedoch mit zärtlichem Plätschern und mit zuweilen malerischem Ambiente links und rechts des Flussbettes.
„Ich hatte mein Büro in Düsselnähe und musste mit dem Hund raus“, plaudert der Düsseldorfer über die Anfänge seines Projektes, dass vor vier Jahren an der Mündung begann. Vier Jahre? Und noch immer ist er nicht an der Quelle in Wülfrath angekommen? So manch ein Wanderer würde die läppischen 46 Flusskilometer an einem Tag runterstiefeln. Der Düsseldorfer Blogger sah das anders. Extremwandern und einfach nur Kilometer abreißen: Das ist nicht sein Ding. Derweilen ließ er die Sache langsam angehen.
Vermutlich lief es anfangs so: Der Hund blieb stehen, um zu schnüffeln und Sebastian Brück hielt ebenfalls inne. Irgendwann war es dann der Hund, der zum Halt auf halber Strecke genötigt wurde, weil der Flaneur etwas entdeckt hatte. Und so schlenderte man gemeinsam an der Düssel entlang. Immer nur am Wochenende. Und jede Etappe begann genau dort, wo die letzte geendet hatte. Die Hälfte der Strecke haben Herr und Hund so schon abgelaufen. Immer mit dabei: die Kamera, um besondere Impressionen für den Blog einfangen zu können. Und davon gab es offenbar so einige, was Sebastian Brück heute sagen lässt: „Angefangen habe ich mit fünf Fotos bei jeder Etappe. Mittlerweile sind es bestimmt 50.“ Dass die Liebe des Flaneurs der Düssel gilt, liegt offenbar auch daran, dass er als Düsseldorfer nahezu überall den Rhein vor Augen hat. Mit Schiffen mitten drauf und bekanntermaßen viel Pomp und Getöse entlang seiner Ufer, steht der „große Bruder“ viel mehr im Mittelpunkt des Interesses, als dieses zu ihm hin mäandernde Flüsschen, das sich zuweilen hinter dichtem Gestrüpp und unwegsamen Gelände verbirgt. Wie unwegsam es wirklich ist, durfte Sebastian Brück auf dem Weg von Gerresheim nach Erkrath erleben: „Es war wie im Dschungel“, erinnert er sich an einen abenteuerlichen Querfeldeinmarsch.
Seinen Ehrgeiz, immer in Ufernähe entlang laufen zu wollen, hat er seither aufgegeben. Auf der gleichen Etappe war ihm übrigens auch noch ein herrenloser Koffer begegnet, der flussabwärts getrieben wurde. Besser hätte es wohl kaum laufen können für jemanden, der ständig und überall auf der Suche nach Geschichten ist.
Da kommt so ein Koffer daher geschwommen, und schon wird die Fantasie angekurbelt. Ein Koffer voller Geld? Oder Urlaubsgepäck? Seine Geheimnisse hat der Koffer übrigens mit in den Rhein genommen. „Er war zu schnell unterwegs, um ihm hinterher springen zu können“, erzählt Sebastian Brück.
Mittlerweile ist der Düssel-Flaneur mitten im Neandertal angekommen. Immer wieder wird er von Gästen begleitet, die mit ihm am Flussufer entlang spazieren. Dazu gehörte auch Caterina Klusemann, die in Nachbarschaft zur Düssel im Neandertal No. 1 wohnt. „Das ist hier meine therapeutische Runde“ sagt sie über den Weg rings um das alte Neandertalmuseum, in dem heute die Steinzeitwerkstatt beheimatet ist. Nach minutenlangem Geplätscher würden sich viele Probleme von selbst lösen. Das denken auch die zahlreichen Spaziergänger und Jogger, die täglich im Tal unterwegs sind. Womit man wieder bei Rousseau wäre, der einst so gerne spazieren ging, um die Seele zu lüften.