Er friert den Augenblick ein

Rolf Lilie rückt scheinbar Unscheinbares ins rechte Licht. Seine Arbeiten sind jetzt im Kunsthaus Erkrath zu sehen.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Erkrath. Angefangen hat alles mit einem Großprojekt. Nach der Schule schnappte sich Rolf Lilie seine Agfa Box und radelte los. Zielort: das Pumpenspeicherwerk in Krümmel. Damals noch in Hamburg zuhause, fühlte sich der 16-Jährige von dem Geschehen magisch angezogen. Jeden Tag verschwand dort etwas, um Platz für das mittlerweile stillgelegte Kernkraftwerk zu schaffen. Was eben noch dastand, war schon Momente später verschwunden. Wie so oft, so war es auch hier die Vergänglichkeit, die sich vor dem Auge des damals noch jugendlichen Fotografen ausbreitete. Es ist und bleibt ein Faszinosum, den Augenblick für die Ewigkeit einfrieren zu können.

Rolf Lilie ließ diesem Fotoprojekt jedenfalls noch weitere folgen. Über ein Jahrzehnt hinweg hat er so mit seiner Kamera den Konturenwandel der Insel Poel festgehalten. „Das war eine fixe Idee“, erinnert er sich an das, was ihn damals angetrieben hat. Schaut man hingegen heute auf seine Bilder, so ist der Übergang zur Fotokunst fließend. Mit der Kamera malen: So beschreibt er selbst sein kreatives Tun.

Zwischen damals und heute liegen Jahrzehnte. Und eine Entwicklung, die es beinahe jedem erlaubt, sich mittels technischer Finessen am Computer das perfekte Foto zu basteln. Die wahre Kunst hingegen liegt woanders. Dort, wo sich Unscheinbares vor einem ausbreitet. Und wo man dieser Besonderheit dann auch gewahr werden muss. Im richtigen Augenblick vom Sonnenlicht bestrahlt, hinter Nebelschleiern, vom Regen gepeitscht: Auch Rolf Lilie zieht es beim Fotografieren in die Natur. Menschen tauchen auf seinen Bildern nur selten auf. „Das ist mir zu nah am Voyeurismus“, sagt er. Stattdessen sind es Strukturen und unscheinbare Details, die seine Aufmerksamkeit fesseln. Bäume und das Meer: Das sind wiederkehrende Motive in seinem fotografischen Werk, das durchaus auch Poetisches umfasst.

Rolf Lilie, Fotograf

„Ich ziehe die Kamera einfach mit“, erklärt er eine Fototechnik, die für den Betrachter daherkommt wie abstrakte Malerei. Lässt man sich hineinziehen in die Bilderwelt von Rolf Lilie, so bekommt man vor allem eines geschenkt: innere Gelassenheit.

„Ich suche Einsamkeit, Ruhe und Stille“, spricht er über all das, was ihn auf den Auslöser drücken lässt. Später hängen seine Fotografien auch schon mal verkehrt herum an der Wand. Zuweilen sind es Spiegelungen, für deren Geheimnisse man sich als Betrachter genügend Zeit nehmen muss. „Ich sehe Dinge, an denen andere Leute achtlos vorbeigehen“, beschreibt Rolf Lilie eine Wahrnehmung, die sich nach Jahrzehnten des Fotografierens verändert hat. Einfach so Spazierengehen? Gibt´s nicht! Stattdessen bleibt er stehen, um die Gegenwart auf sich wirken zu lassen. Denn ewig währt sie allenfalls auf seinen Bildern.