Fernwärme-Anbieter hat zu viel kassiert
Das Kartellamt ging dem Verdacht überhöhter Preise nach. Der Versorger muss nun Geld zurückzahlen.
Erkrath. Vor mehr als 50 Jahren wurde ein Vertrag geschlossen, der bis heute gilt. Die Entwicklungsgesellschaft Hochdahl und die damalige Esso AG einigten sich darauf, im neu gebauten Stadtteil Hochdahl rund 1500 Einfamilienhäuser, 6700 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und rund 200 gewerbliche Kunden mit Fernwärme zu versorgen.
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Fernwärme immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die Hochdahler Bürger klagten über überhöhte Preise, gegen die man einfach nicht ankomme. In den Häusern ist Heizen und warmes Wasser zum Duschen nur über Fernwärme möglich. Gasanschlüsse wurden nicht verlegt. Alternativen gibt es nicht. In den Grundbüchern der 1500 Einfamilienhäusern ist ein Anschlusszwang an Fernwärme hinterlegt. Sogar Strafanzeige wurde von einem Hochdahler bereits erstattet, weil er sich bei den Anschlusswerten über den Tisch gezogen fühlte.
In anderen Teilen Deutschlands gibt es offenbar ähnliche Geschäftsmodelle. Das Bundeskartellamt hat schon vor vier Jahren die Ermittlungen aufgenommen. Es ging um den Verdacht überhöhter Preise für die Fernwärme. Die Behörde betonte von Anfang an, der Nachweis darüber sei ausgesprochen schwierig. Doch nun gibt es endlich eine Einigung: Fernwärmekunden in NRW und anderen Teilen Deutschlands bekommen auf Druck des Bundeskartellamtes von den Versorgungsunternehmen insgesamt 55 Millionen Euro zurück.
Betroffen sind auch die Kunden in Hochdahl. Dabei geht es allerdings nur um „missbräuchliche Preiserhöhungen“ in den Jahren 2010 bis 2012. Die Rückerstattung soll in zwei Tranchen mit der jeweiligen Jahresrechnung ausgezahlt werden.
Das Geld erhalten allerdings nur Kunden des Energieversorgers, die auch heute noch einen Vertrag mit Innogy, dem Tochterunternehmen von RWE haben. Wer zwischenzeitlich aus der Wohnung oder aus dem Haus ausgezogen ist, hat keinen Anspruch mehr auf eine Rückerstattung. Das sei in den entsprechenden Vereinbarungen mit dem Bundeskartellamt nicht vorgesehen, schreibt Innogy in einem Schreiben an Kunden, die sich um eine Rückerstattung bemüht hatten.
Bei der Rückerstattung handelt es sich nach Angaben des Innogy-Sprechers Klaus Schultebraucks um einen „niedrigen dreistelligen Betrag“. Es gehe auch nur um Preiserhöhungen aus den Jahren 2010 bis 2012. Damals war der Öl- und Gaspreis gestiegen, entsprechend wurden auch die Preise für die Fernwärme angezogen.
Im Hochdahler Fernwärmeheizwerk wird das Wasser mithilfe von Gas erhitzt und an die Wohnungen weiter verteilt. Ab dem Jahr 2013 — so der Sprecher von Innogy — habe das Kartellamt die Preise nicht mehr beanstandet. Deshalb gibt es auch keine Rückerstattung mehr für diese Jahre.
Die Stadt Erkrath verfolgt nach wie vor Pläne, das Kraftwerk für Fernwärme in Eigenregie zu übernehmen und so Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen zu können. Die Vertragsverhandlungen werden allerdings nichtöffentlich geführt. Die Stadtspitze hatte es bedauert, dass entsprechende Informationen von den Grünen an die Öffentlichkeit gebracht wurden.