Kahlschlag für Kanal-Tüv
Wegen Arbeiten an Kanälen fällt die WBG an der Schlüterstraße 16 Bäume. Anwohner sind darüber verärgert.
Erkrath. „Das waren viele alte Bäume, einige bis zu 50 Jahre alt. Das ist doch unmöglich“, sagt Gisela Clever. Sie wohnt in unmittelbarer Nähe zur Schlüterstraße, wo vergangene Woche 16 Bäume gerodet wurden. „Eine ganze Woche wurde gefällt. Sogar samstags“, berichtet sie.
Laut Clever gehört die Schlüterstraße zu den stärker befahrenen Straßen in Erkrath. Dementsprechend fürchtet sie unangenehme Folgen der Abholzung. „Wenn die Bäume im Herbst ihre Blätter verlieren, verringert sich der Dämmschutz und der Lärm von der Straße wird deutlich lauter. Wie soll das erst werden, wenn gar keine Bäume mehr da sind? Ganz zu Schweigen vom fehlenden Sichtschutz.“
Die Anwohnerin berichtet, dass die Abholzung auch ihre Nachbarn nicht kalt lässt. Beim Anblick der gefällten Bäume haben manche sogar Tränen in den Augen gehabt, so Clever. Sie wundert sich außerdem über die scheinbar hürdenlose Umsetzung der Rodungen. „Darf denn jeder nach Belieben auf seinem Grundstück Bäume fällen? Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Damit nicht jeder direkt zur Kettensäge greifen kann, müssen Privatleute einen Antrag bei der Stadt einreichen. Eine Baumschutzsatzung beschränkt die Rodung von Bäumen ab einem Umfang von 80 Zentimetern und genehmigt diese nur in Ausnahme- fällen. Im vergangenen Jahr wurden 366 von 673 Anträgen genehmigt. Zum Fall an der Schlüterstraße will die Stadt keine Auskunft geben und verweist auf den Eigentümer, die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Erkrath.
„Die Arbeiten wurden fristgerecht beantragt und genehmigt“, erklärt Michael Henseler von der WBG Erkrath. Er fügt hinzu, dass die Mieter an der Schlüterstraße ebenfalls rechtzeitig über die Rodungen informiert worden seien.
„Die Baumfällungen sind leider im Zuge von Kanalarbeiten notwendig“, sagt der zuständige Landschaftsarchitekt Rolf Neuhoff. Hintergrund ist die gesetzlich verordnete Dichtheitsprüfung, weil austretendes Abwasser das Grundwasser verunreinigen kann. Demnach sind Hauseigentümer verpflichtet, sich einem „Kanal-TÜV“ zu unterziehen und ihre Anlagen auf Dichtheit prüfen zu lassen — und gegebenenfalls auch zu sanieren.
Im Fall an der Schlüterstraße wurden Mängel festgestellt, die durch eine Kanalerneuerung beseitigt werden müssen. „Um den Kanal freilegen zu können, mussten die Bäume weichen“, sagt Neuhoff.
Zeitlich konnten die Arbeiten seinen Angaben zufolge nicht aufgeschoben werden. Es herrsche eine Rodungsfrist bis Ende Februar, damit Vögel nicht in der Nist- und Brutzeit gestört werden. Nach Ablauf der Frist dürfen lediglich kleinere Maßnahmen stattfinden — wie das Ausgraben von Wurzeln und die Beseitigung des Schnittguts.