Neanderthal Museum: Zwischen Urmensch und Knochen

Brigitte Sowa gehört zum Servicepersonal im Neanderthal Museum. Mal steht sie an der Kasse, mal hat sie Aufsicht. Dabei passt sie besonders auf Besucher auf, die die Urmenschen gerne mal anfassen.

Foto: Janicki

Erkrath. Brigitte Sowa ist heute da angekommen, wo sie eigentlich nie hin wollte: im Museum. Seit September 1998 gehört sie zum Servicepersonal des Neanderthal Museums. Das heißt: Sie steht an der Kasse, macht Aufsichtsrundgänge durch das Gebäude, gestaltet Dienstpläne, hilft beim Versand aus dem Museumsshop — und sie liebt es. „Ich mag meinen Job“, sagt die 54-Jährige mit einem überzeugenden Strahlen im Gesicht.

Bis sie beruflich dort Fuß gefasst hat, wo sie genau richtig ist, hat sie einen weiten Weg zurückgelegt: Realschulabschluss, Ausbildung zur Kinderkrankenschwester, Abi gemacht, Pädagogik und Germanistik studiert, geheiratet, bei Stockheim in Düsseldorf im Pralinenverkauf gejobbt, in einem Großhandel für Wohn-Accessoires gearbeitet und schließlich nach dem Umzug nach Hochdahl zufällig im Altpapier das Stellengesuch des Museums entdeckt und sich beworben.

Mittlerweile ist aus dem Teilzeit- ein Fulltime-Job geworden, der auch die Wochenenden und manchen Abend-Dienst umfasst. „Kein Problem“, sagt Sowa, „ich habe keine Kinder, nach denen ich mich richten muss. Und schließlich gibt es montags immer den Freizeitausgleich.“ Nur zum Friseur und ins Museum komme sie da schlecht. Doch Letzteres erlebt sie ja ansonsten täglich.

Sowa gehört zu einem Team mit 18 Personen, darunter zwei Männer. Die Servicegruppe ist zwischen 17 und 67 Jahre alt, vom Schüler bis zum Rentner — ein buntes Team, in dem sich alle wohlfühlen. Stress gibt es dennoch bisweilen für die Museumsangestellte. „Manchmal drängen 400 Kinder auf einmal in den Museumsvorraum, dann ist es hier schon mächtig laut“, sagt Sowa. „Ein leises Museum sind wir nun wirklich nicht.“

Als sie sich damals beworben hat, hätte sie das nie gedacht. „Ich hätte niemals geglaubt, dass so viele Leute kommen und vor allem so viele Kinder. Ich hatte eine eher altertümliche Vorstellung von einem Museum.“ Was sie stattdessen mit den Besucher erlebt, ist manchmal zum Schreien komisch: „Da schauen sie doch dem Neandertaler im Foyer unter den Lendenschurz, um zu sehen, ob er auch ein echter Mann ist“, erzählt sie. Das sei besonders oft der Fall, seitdem der Neandertaler während der Ausstellung „100 000 Jahre Sex“ mal in unverhüllter Mannespracht zu sehen gewesen sei.

„Man beobachtet gestandene Personen, die verstohlen mit dem Regenschirm das Schürzchen lüpfen.“ Aufpassen müsse man auch, dass „Mister 4 Prozent“, der künstlerisch gestaltete Urzeit-Mensch im Maßanzug, nach starkem Besucherandrang noch seine Nase im Gesicht habe. So ganz mag es nämlich nicht jeder glauben, dass sich hinter fliehender Stirn und vorstehendem Mund nicht doch ein gut maskierter Mensch verbirgt. „Es gibt auch erwachsene Besucher, die fragen, wo man denn die lebenden Mammuts im Wildgehege finde“, sagt Sowa.

Da antwortet sie dann ganz nett: „Da sind sie wohl ein bisschen zu spät gekommen!“ Anders ist es natürlich, wenn aufgeregte Kinder die Dinos sehen wollen. Sie müssen dann mit Einzelteilen vorliebnehmen und dürfen mal einen Backenzahn oder einen Knochen anfassen. Denn wie in Jurassic-Parc geht es noch nicht zu. „Als ich hier anfing, war das Genom noch nicht entschlüsselt, das besagt, das jeder Mensch vier Prozent der Erbanlage des berühmten Urmenschen in sicht trägt“, sagt sie.

Allenfalls am Vatertag muss man in Ausnahmefällen mal einen arg alkoholisierten Herrn bitten, die Ausstellung zu verlassen. Sonst geht es zwar mitunter turbulent, aber immer gesittet zu. Selbst wenn einmal im Monat der Doggy-Day ist und Frauchen und Herrchen mit dem Vierbeiner ins Museum dürfen.