Ambulanz für Puppe und Teddy
Edeltraud Luhnau-Niebisch restauriert Puppen, Porzellan und andere Spielzeuge.
Das Mädchen ist traurig, die geliebte Puppe liegt in ihren Armen. Dicke Tränen kullern über das kleine Gesicht. Nur mit Mühe kann Edeltraud Luhnau-Niebisch verstehen, was passiert ist. Die Puppe habe ein hängendes Auge und sei plötzlich ganz dünn, schluchzt das kleine Mädchen und fleht die Restauratorin an: „Kannst du sie bitte wieder heile machen?“
Edeltraud Luhnau-Niebisch, Restauratorin
Ein Auftrag, den Edeltraud Luhnau-Niebisch nur zu gerne erfüllt. „Wenn man diese kleinen verzweifelten Kinderseelen erlebt, das geht so nahe. Und weil wir wissen, dass Kinder gerade abends zum Einschlafen ihre Lieblingspuppe oder ihr Kuscheltier brauchen, legen wir dann auch meistens eine Nachtschicht ein, damit die Kleinen nicht unnötig lange darauf verzichten müssen.“
Seit 28 Jahren arbeitet die gelernte Einzelhandelskauffrau im Restaurationsbereich, hat mit der Puppenherstellung begonnen und darin Kurse gegeben, sich dann der Porzellanmalerei professionell zugewandt und ihre erste kleine Reparaturwerkstatt vor vielen Jahren in Hilden eröffnet.
Heute arbeitet die 53-Jährige in kleinen Räumen in der Haaner Innenstadt, fertigt in ihrer Manufaktur eigene, individuelle Porzellangegenstände wie Schüsseln oder Vasen an — liebevoll bemalt in Handarbeit.
Auf dem Werkstatttisch steht ein hochwertiges Porzellanreh, ein Kundenauftrag: das rechte Ohr ist abgebrochen. „Für uns mag das einfach nur eine Figur sein, für den Besitzer ist es ein Kunstwerk, ein Schmuckstück, an dem sein Herz hängt. Und so behandeln wir es auch. In ganz viel verschiedenen Schichten wird das Ohr Schritt für Schritt nachgebildet, anschließend Farbe angemischt, die dem Originalton optimal entspricht. Für all diese Schritte braucht es sicher einige Wochen“, beschreibt Michael Beyer, Lebenspartner von Edeltraud Luhnau-Niebisch, die Arbeitsschritte.
Der 62-Jährige hilft gerne aus, recherchiert im Internet nach geeigneten Ersatzteilen, etwa wenn Omas Hund das Beinchen des Lieblingsteddys zum Fressen gerne hatte oder eine alte Schildkrötpuppe nach Schädelbruch eine neue Schädeldecke benötigt. „Diese Puppe hat uns ein Mann vorbeigebracht, dessen Frau sich kurz vorher von ihm getrennt hatte. Angeblich ist sie vom Bett gefallen“, erzählt der gelernte Tischler mit einem Augenzwinkern. „Wir hören hier schon wirklich spannende Geschichten, können manchmal aber auch nur mit dem Kopf schütteln.“
Denn nicht selten kommt es vor, dass Kunden hochwertiges Porzellan repariert haben und es anschließend als unbeschädigtes Teil teuer verkaufen wollen. „Für uns ist das Betrug und daher ist eine gute Restauration auch dann gut, wenn man sie bei genauem Schauen noch erkennen kann“, erklärt Edeltraud Luhnau-Niebisch.
Wirtschaftlich gesehen wirft das kleine Unternehmen nicht viel ab. Aber darum gehe es auch gar nicht, betont sie. „Wenn Sie mal in das strahlende Gesicht eines Kindes schauen, dass seine ,gesunde’ Puppe wieder in die Arme schließen kann — das ist die wahre Entlohnung.“