Hilden Autistische Kinder: Prozess um Misshandlungsskandal bei Educon

Erzieher sollen in Hilden autistische Kinder systematisch misshandelt haben. Sechs Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe kommt es doch noch zum Prozess.

Foto: Arne Dedert

Hilden/Düsseldorf (dpa) - Sechs Jahre nach dem Misshandlungsskandal bei der evangelischen Jugendhilfe Educon müssen mehrere damalige Mitarbeiter doch noch vor Gericht. Sie sollen autistische Kinder misshandelt haben. Verhandelt wird gegen die frühere Leiterin einer Wohngruppe in Hilden, ihren damals dort beschäftigten Ehemann und drei weitere ehemalige Erzieher. Ihnen wird Misshandlung Schutzbefohlener, Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen.

Am 21. Juni werde am Landgericht Düsseldorf der Strafprozess gegen fünf von elf angeklagten ehemaligen Mitarbeitern beginnen, berichtete die Staatsanwaltschaft am Freitag auf Anfrage. Educon war damals eine Tochter der evangelischen Graf-Recke-Stiftung, die wiederum zum Diakonischen Werk gehört. Inzwischen ist Educon aufgelöst und in die Stiftung integriert.

Die Angeklagten sollen autistische Kinder in 68 Fällen mit rüden Methoden ruhig gestellt haben. So wurde den Kindern im Rahmen eines Belohnungssystems bei Fehlverhalten das Essen verweigert, sie wurden eingesperrt und über längere Zeit auf die verschiedensten Arten fixiert.

In der Wohngruppe wurde die als veraltet geltende Festhaltetherapie praktiziert, zum Teil mit Gewalt und über Stunden. Dies wurde auf Video dokumentiert. Die Ermittler mussten mehrere hundert Stunden Aufnahmen von 250 Videos und 261 DVDs auswerten. Mehr als 60 Zeugen wurden befragt.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Psychologin. Sie hatte sich im Spätsommer 2009 der Leitung der Jugendhilfeeinrichtung offenbart. Educon hatte daraufhin Strafanzeige erstattet und das zuständige Landesjugendamt als Heimaufsicht eingeschaltet. Die betreffenden Mitarbeiter waren entlassen worden.

Dass der Prozess erst drei Jahre nach Abschluss der Ermittlungen beginnt, hat dem Landgericht Düsseldorf Kritik eingebracht. Die Anklage blieb dort fast zwei Jahre unbearbeitet liegen. Die Verzögerung hatte ein Gerichtssprecher mit Überlastung der zuständigen Kammer erklärt.