Educon: Behinderte über Jahre misshandelt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen eine Firma der Diakonie in Hilden. 17 Mitarbeiter wurden bereits entlassen.

Düsseldorf. Über 200 Stunden Video-Material werden zurzeit bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ausgewertet. Es sind immer die gleichen Bilder. Kinder und Jugendliche werden festgebunden, man nimmt ihnen das Essen weg, andere werden tagelang eingesperrt. Wegen des körperlichen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung in den Jahren 2007 und 2008 wird gegen 17 Mitarbeiter von Educon, einem Tochterunternehmen der zur Diakonie Rheinland gehörenden Graf-Recke-Stiftung ermittelt.

Betroffen ist eine Hildener Wohngruppe, in der autistische und stark aggressive Behinderte im Alter von neun bis 15Jahren lebten. Die Gruppe wurde nach Angaben der Diakonie inzwischen aufgelöst. Bereits 2008 gab es erste Hinweise, dass es dort Misshandlungen gegeben haben soll. Im September 2009 vertraute sich eine Psychologin der Educon-Leitung an. Die erstattete Anzeige. Alle 17betroffenen Mitarbeiter wurden inzwischen entlassen.

Wie Johannes Mocken, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, erklärte, gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Denn die Kinder und Jugendlichen können wegen ihrer Behinderung nur wenig zur Aufklärung beitragen.

Unklar sei auch noch, wie das Verhalten der Therapeuten, unter denen sich auch eine Psychologin befunden haben soll, rechtlich zu bewerten ist. Denn es handelte sich offenbar nicht um willkürliche Maßnahmen. Stattdessen soll in der Wohngruppe die umstrittene Festhalte-Therapie angewendet worden sein. Dabei werden die Patienten so lange festgehalten, bis Schmerzen, aggressive Verhaltensweisen oder Ängste ausgelöst werden. "Das ist aber offenbar hier aus dem Ruder gelaufen", erklärt Mocken.

Wie Roelf Bleeker-Dohmen von der Graf-Recke-Stiftung erklärte, wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den Vorwürfen beschäftigt. "Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, ich bin ziemlich fassungslos", sagt Helga Bruch, Vorsitzende des Hildener Vereins "Freizeitgemeinschaft Behinderte und Nichtbehinderte Menschen". Sie war Vorsitzende des Vereins, der das Heim bis zur Übernahme durch die Educon geleitet hat.