Beschwerlicher Weg zur Fahrkarte

Wer am Haaner Bahnhof auf Gleis 2 eine Fahrkarte braucht, muss gut zu Fuß sein. Im Nachteil sind Mütter mit Kinderwagen, Senioren und Behinderte.

Foto: Alexandra Rüttgen

Haan. Zugfahren ist für Gisela Albrecht regelmäßig eine Last. Denn eigentlich muss sie im Haaner Bahnhof auf Gleis 2 losfahren. Um aber eine Fahrkarte zu lösen und zu entwerten, muss die Seniorin mehrere Treppen hinauf- und hinabsteigen und über eine Brücke gehen, die zum Abgang des Gleis 1 führt. Nur dort stehen ein Fahrkartenautomat und ein Entwerter. Der Weg dorthin treppauf und treppab ist nicht nur mühsam für die Haanerin, es plagen sie auch Sorgen um ihren behinderten Mann, den sie während dieser Zeit am Bahnsteig zurücklassen muss. „Mein Mann sitzt dann alleine da“, sagt sie. Könnte die Bahn nicht auch noch einen zweiten Fahrkartenautomaten mit Entwerter auf Gleis zwei installieren?

Jörg Dürr (SPD), Vorsitzender des Unterausschusses Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), weiß um das Problem. „Das ist ein großes Ärgernis“, sagt er. Lange schon bemühe sich die Haaner Stadtverwaltung um Abhilfe. Doch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, der für diese Strecke verantwortlich ist, wolle an der Situation nichts verändern. „Ich kann da auch nur den Kopf schütteln“, sagt Dürr, der mit Gisela Albrecht bereits gesprochen hat. „Über Barrierefreiheit und Kundenfreundlichkeit kann man hier nicht reden.“ Auf das Problem angesprochen, verweist ein Sprecher der Bahn auf den VRR: „Die Aufstellung von Fahrkarten-Automaten liegt in der Verantwortung des Aufgabenträgers. Das ist der VRR.“ Dessen Sprecherin Sabine Tkatzik wiederum bestätigt die Bemühungen von Stadt und Politik, weitere Fahrkartenautomaten aufstellen zu lassen.

Doch der VRR sieht keine Handhabe: „Ein Ticketautomat mit Entwerter verursacht pro Jahr einen niedrigen fünfstelligen Aufwand. Er besteht aus dem Invest sowie der Instandhaltung. Der in Haan stehende Fahrkartenautomat verkauft im Schnitt rund 15 VRR-Tickets pro Tag. Bezogen auf die Betriebszeiten der Züge heißt das, dass pro Stunde nur zirka ein VRR-Ticket verkauft wird. Angesichts dieser Menge ist die Aufstellung eines weiteren Automaten leider nicht zu rechtfertigen“, erläutert Sabine Tkatzik. Auf das Thema Barrierefreiheit angesprochen verweist Tkatzik auf die laufende Modernisierungsoffensive der Bahn, die den Haaner Bahnhof in einigen Jahren „perspektivisch barrierefrei“ werden lasse. Doch es gibt noch weitere Gründe dafür, dass Bahn und Betreiber, so es geht, auf weitere Automaten verzichten: Die Kosten für einen Fahrkartenautomaten werden durch Vandalismus noch vergrößert. Und in Zeiten von Smartphones und Barcodes sowie der Möglichkeit, sich ein Ticket auf das Handy laden zu lassen, habe sich die papierne Fahrkarte ohnehin überholt. Wer diese Entwicklung nicht mitmachen kann, bleibt auf der Strecke. Wenn sie eine Zugfahrt plant, bedeutet das für Gisela Albrecht daher, zweimal am Tag zum Bahnhof zu laufen: Zuerst, um Fahrkarten zu kaufen. Und dann geht sie noch einmal mit ihrem Mann zum Bahnhof, wenn sie tatsächlich abreisen will.