Das „Becherhus“ wird verkauft

Ulrich Tix kennt im Becherhus jeden Winkel. Er ist hier aufgewachsen. Doch nun will er die geschichtsträchtige Immobilie verkaufen.

Foto: S. Schuermann

Haan. Zügig erklimmt Ulrich Tix die hölzerne Treppe, deren Geländer mit Barock-Ornamenten verziert ist. In der ersten Etage angekommen deutet er zunächst auf die Theke zu seiner Linken: „Hier war früher das Wohnzimmer meiner Eltern.“ Dann geht der 69-Jährige zwischen zwei Stützbalken hindurch und bleibt kurz vor einem runden Tisch stehen. „An diesem Platz stand meine Wiege“, verrät er.

Mit dem Becherhus an der Kaiserstraße 47 verbindet Tix seine persönliche Geschichte und die seiner Familie. Kein Wunder, dass er im wohl bekanntesten Haaner Barockhaus zu jedem Winkel etwas zu erzählen hat. Bis ins Jahr 1980 war Tix dort zu Hause. Dann zog der Haaner innerhalb seiner Heimatstadt um.

Vor drei Jahren jedoch verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt an den Chiemsee. „Früher konnte ich mich hier um alles kümmern, aber nun lebe ich rund 700 Kilometer weit weg“, sagt Tix. Aus diesem Grund beschloss er, sich nach und nach von all seinen Haaner Immobilien zu trennen — und somit eben auch vom Becherhus.

„Dem ging eine lange Überlegung mit schlaflosen Nächten voraus“, gesteht der Eigentümer, der über die wechselvolle Geschichte des Schieferhauses mit seinem markanten Ziergiebel manches berichten kann. Die Inschrift über der Tür datiert seine Erbauung auf das Jahr 1728. Damals sei das Becherhus aber lediglich umgebaut und aufgestockt worden, sagt Tix. Tatsächlich stehe das Gebäude schon länger, vermutlich sogar seit dem frühen 17. Jahrhundert. Davon geht auch Lothar Schäfer vom Bergischen Geschichtsverein Haan aus. Er betont aber: „Genaue Daten waren nicht zu erforschen.“

Einen Hinweis auf die Historie des Gebäudes lieferten Funde, die der Eigentümer kurz nach einer der dunkelsten Stunden des Becherhus machte: Nachdem es im August 1998 als Folge von Brandstiftung fast bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, legten Arbeiter unter dem gemusterten Fliesenboden eine Sandschicht frei, unter der wiederum grob gehauene Steinplatten sichtbar wurden. In Nähe der holzvertäfelten Theke im Erdgeschoss entdeckte Tix zudem Teile eines Kamingewändes aus dem Jahr 1726. Dieses Bauelement können die Gäste auch heute noch bestaunen. Insgesamt 100 000 Mark bezahlte das Land um die Jahrtausendwende für die Restaurierung. Eine halbe Million steckte Tix zudem in den Wiederaufbau des Wirtschaftstraktes im hinteren Bereich des Gebäudes.

Ursprünglich sei das Becherhus die Villa eines Textilunternehmers gewesen, erklärt der Eigentümer. Später wurde sie dann zur Gaststätte mit Wohnraum. Schon zur Zeit, als Ulrich Tix’ Urgroßvater August das Gebäude im Jahr 1912 erwarb, galt es als „erstes Haus am Platz.“

Die berühmtesten Söhne des Becherhus sind die Brüder Barth: Carl, der als Maler von sich reden machen sollte, wurde dort im Jahr 1896 geboren. Sein Bruder, der spätere Schriftsteller Emil, folgte vier Jahre später. Die Gaststätte verfügte übrigens als erstes Lokal in Haan über eine Kegelbahn. „Ich habe als Jugendlicher noch die Kegel aufgestellt“, erinnert sich Ulrich Tix.

Der Tradition des Becherhus müsse sich auch der künftige Besitzer verpflichtet fühlen, betont er. Das Objekt hat einen Kaufpreis von 1,48 Millionen Euro. Als Vermittler schaltete Tix das Unternehmen Expertimmobilien ein. Auf dessen Internetpräsenz wird das Objekt in Kürze wohl unter den Angeboten zu sehen sein, wie die Immobilienvermittlung auf Nachfrage bestätigt. „Bei der Auswahl des neuen Eigentümers werden wir große Sorgfalt walten lassen“, sagt er. Die Erzquell-Brauerei ist Pächter des Lokals, Betreiber sind die Eheleute Agnes und Henry Hartmann. „Sie führen das Haus mit sehr viel Liebe“, lobt Tix. Und daran soll sich auch trotz des Eigentümerwechsels nichts ändern: Der Pachtvertrag ist langfristig ausgerichtet. „Es wird alles beim Alten bleiben“, versichert Tix.