Die Nachfrage nach Leihgroßeltern ist groß
Gestern gab es in Hilden zum ersten Mal ein Treffen von Familien und Leihgroßeltern.
Hilden. Moana strahlt über das ganze Gesicht. Während einige Erwachsene eine Leiter horizontal festhalten, balanciert die Achtjährige mit Leichtigkeit darüber. Leihopa Christian will ihr zur Unterstützung die Hand reichen, Moana winkt ab. Auch ihr älterer Bruder Björn meistert die Aufgabe souverän. „Dieses Spiel soll die Bindung zwischen den Leihgroßeltern und ihren Kindern festigen, da viele der Kleinen noch unsicher sind und festgehalten werden möchten“, erklärt Christian Meyn-Schwarze, der nicht nur der Leihopa von Moana und Björn ist, sondern auch den Mitmachzirkus betreut und Spielideen mitgebracht hat. „Ich bin jetzt seit dem Sommer mit in der Familie, meistens unterstütze ich die Mutter, indem ich die Kinder zu sportlichen Aktivitäten bringe, aber wir haben auch schon einige Ausflüge, zum Beispiel zum blauen See, zum Reiterhof oder ins Schauspielhaus gemacht.“
Moana freut sich über die Zuwendung. „Zwei- bis dreimal die Woche ist er für uns da, und wenn er sich neue Nummern für seinen Mitmachzirkus ausdenkt, dürfen wir schon mal die Versuchskaninchen sein, an denen er guckt, ob es Kindern Spaß macht.“ Mutter Melanie nickt zustimmend. „Wenn Björn sieht, das Christian komm, springt er ihm freudestrahlend in die Arme“, erzählt die Alleinerziehende, deren gesamte Familie im Schwarzwald lebt. „Ich habe hier wirklich sonst keinerlei Unterstützung, er ist auch bei anderen Problemen oder Aufgaben für mich da. Er hat mir zum Beispiel auch bei der Auswahl der weiterführenden Schule für Björn geholfen.“
In Kursen werden interessierte ältere Menschen zu Leihgroßeltern ausgebildet. In 20 Stunden lernen sie, wie Kindererziehung heute aussieht, wie man mit trotzigen Reaktionen umgeht, die Erste Hilfe am Kind, aber auch den Umgang mit der Generation Eltern. „In diesem Projekt geht es nicht um reine Kinderbetreuung wie etwa durch einen Babysitter, sondern um einen Generationenaustausch, um Familienanschluss“, erklärt Heike Cremerius von der Awo.
Elisabeth Wolterding ist verwitwet, lebt mit ihren Kindern Elena (10), Daniel (8) und Simon (6) allein. Die leiblichen Großeltern wohnen weit entfernt. Leihoma Heidi ist für die Familie ein Glücksgriff. „Die Kinder gehen meistens zu Heidi, und sie macht mit ihnen tolle Sachen wie Kekse backen. Ganz selbstverständlich, ohne dass ich als Mutter ein schlechtes Gewissen haben muss.“
Elena freut sich immer auf den einen Mädelsnachmittag in der Woche. „Dann verbringe ich ganz allein, ohne meine Brüder, die Zeit bei ihr. Sie häkelt mit mir, sie kann toll spielen, aber bei Halligalli gewinne meistens ich.“ Bislang wurden 16 Bürger zwischen 50 und 80 Jahren zu Leihgroßeltern ausgebildet, zwei davon Männer. „13 Personen sind im Einsatz, und wir suchen weitere Senioren, die Freude an dieser Aufgabe hätten, denn die Nachfrage ist groß.“ Nach Zertifizierung versuchen die Initiatoren des Projekts, Awo und Stellwerk, passende Parteien zusammenzubringen. „Natürlich kommt es schon mal vor, dass die Chemie nicht stimmt. Dann ändern wir das natürlich“, sagt Stellwerk-Mitarbeiterin Kirsten Max.
Und wenn es doch mal Unstimmigkeiten gibt? Melanie, die Mutter von Moana und Björn, sieht das gelassen. Sie sagt: „Man muss akzeptieren, dass jeder eine andere Art hat, mit Kindern umzugehen. Das wäre bei leiblichen Großeltern ja auch so.“