Eine Gemeinde wird zur Stadt
Vor 90 Jahren erging die Verfügung über die Verleihung der Stadtrechte an Haan. Der erste vom Stadtrat auf zwölf Jahre gewählte Bürgermeister war Ernst Heßmann. Er galt als sehr bürgernah.
Haan. War es das Fehlen eines repräsentativen Rathauses, das die Haaner mehr als 30 Jahre auf ihre Stadtrechte warten ließ? Haaner Historiker können nur vermuten, warum die Anträge der Gemeinde Haan, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts gestellt wurden, erst 1921 bei der preußischen Staatsregierung in Form eines Erlasses Gehör fanden.
Auf der Grundlage dieses Erlasses des Preußischen Staatsministeriums vom 12. Februar 1921 erging heute vor 90 Jahren, am 15. Februar 1921, eine ministerielle Verfügung über die Verleihung der Städterechte. Damit war Haan nicht länger eine Gemeinde, sondern eine Stadt. Ihr Rat dufte nun endlich den Bürgermeister selbst wählen.
„Das waren wohl die eigentlichen Motive, warum Haan die Städteordnung anstrebte“, schreibt Reinhard Koll in seinem 2001 erschienenen Heftchen „Verleihung der Stadtrechte vor 80 Jahren“. Denn die Rheinische Landgemeindeordnung von 1845 hatte den Kommunen zwar mehr Autonomie bei der Bewältigung ihrer Aufgaben verliehen, aber der Landbürgermeister blieb ein Staats- und wurde kein Gemeindebeamter, obwohl diese ihn zu besolden hatte.
„Die Einwohner besaßen folglich kein Mitspracherecht bei der Besetzung dieser Stelle“, schreibt Koll. Hinzu kam die Tatsache, dass so genannte Meistbegüterte aufgrund ihres Besitzes automatisch Gemeinderatsmitglieder wurden, und auch Ortsfremde im Rat sitzen durften.
„Die Meistbegüterten erschienen selten zu den seinerzeit noch nicht öffentlichen Sitzungen, die Landwirte nahmen während der Erntezeit überhaupt nicht teil, die Auswärtigen kamen nie“, hat Koll recherchiert. „Damit machten sie den Rat häufig beschlussunfähig“, schreibt Koll.
Von der Verleihung der Stadtrechte erfuhren die Haaner erst zwei Wochen später aus den Zeitungen — nach Zustellung der Verfügung. „Am 28. wurde der Gemeinderat darüber offiziell vom kommissarischen Bürgermeister Ernst Heßmann informiert“, schreibt Koll. Auf seiner Sitzung davor, am 14. Februar, schien diese Nachricht — trotz Telegraph und Telefon — in Haan noch nicht bekannt gewesen.
Am 21. März teilte Heßmann dem Rat mit, dass durch die Verleihung der Stadtrechte demnächst eine Neuwahl von nunmehr 30 Stadtverordneten anstehe. „Diese Wahlen galten als die wichtigsten in der bisherigen Ortsgeschichte“, so Koll.
Der Wahlkampf fand unter dem Motto „Hie Bürgertum — Hie Sozialismus“ statt. Ersteres bekam 2468 Stimmen und entsandte 18 Vertreter in den neuen Stadtrat, die „Linken“ (KPD, USPD, SPD) erhielten gemeinsam 1724 Stimmen und schickten zwölf Abgeordnete. Koll:
„Mit der Stadtwerdung war also auch eine politische Zäsur verbunden, aus der roten Landgemeinde war eine bürgerliche Stadt geworden. Dieser Stimmungswechsel entsprach aber einem allgemeinen Trend auf Reichsebene.“
Der erste vom Stadtrat auf zwölf Jahre gewählte Bürgermeister war Ernst Heßmann. Er galt als sehr bürgernah, war jeden Vormittag zwischen 9 und 12.45 Uhr für jeden Bürger im Rathaus zu sprechen.