Haan Umstrittene Vergabe sorgt für Aufruhr

Haan. · European Homecare wird zukünftig die Flüchtlingsbetreuung in der Stadt Haan übernehmen, weil sie das günstigste Angebot abgegeben hat. Die Politik ist über die Entscheidung der Stadt verwundert.

Die Caritas-Flüchtlingsbetreuung engagiert sich vielfältig, wie beispielsweise beim Haaner Sommer.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Elf Jahre lang hat der Caritasverband Kreis Mettmann in Haan Flüchtlinge betreut und begleitet. Und dies engagiert und kompetent, sind sich Beobachter einig. Jetzt hat die Stadt den Auftrag neu ausgeschrieben. Die Essener Firma European Homecare hat den Zuschlag bekommen, bestätigte Bürgermeisterin Bettina Warnecke am vergangenen Mittwoch. Sie habe das günstigste Angebot abgegeben. Die Nachricht hat bei vielen ehrenamtlichen Helfern in der Flüchtlingsbetreuung Entsetzen ausgelöst. Denn ehemalige Mitarbeiter von European Homecare stehen seit Monaten im Mammutprozess um misshandelte Flüchtlinge in einer Notunterkunft im siegerländischen Burbach in der Diskussion.

Wählergemeinschaft hat eine Sondersitzung beantragt

Auch die Stadtverordneten wurden von der Vergabe offenbar überrascht. Die Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan (WLH) hat eine Sondersitzung des Sozialausschusses beantragt. Sozialausschuss-Vorsitzender Bernd Stracke (SPD) will noch in dieser Woche einen Termin mit der Verwaltung abstimmen.

WLH-Fraktionsvorsitzende Meike Lukat sieht eine besondere Dringlichkeit. Die Sondersitzung müsse vor dem 29. Oktober stattfindet. Denn dann soll der Haushalt 2020 eingebracht werden, der auch die Aufwendungen für die Flüchtlingsbetreuung enthält. Laut Lukat hat Bürgermeisterin Bettina Warnecke das Vergabeverfahren für die Flüchtlings- (und Obdachlosen-)Betreuung „ohne vorherige Abstimmung in den Fachausschüssen und Rat“ durchführen lassen.

Nach elf Jahren Flüchtlingsbetreuung ist Schluss für die Caritas Haan. Als Ansprechpartnerinnen fungierten (v.l.): Susanne Schulte, Susanne Schad-Curtis, ­Manuela Mangialaio und Marica Basi.

Foto: Caritas

Zur Sondersitzung soll auch die neue Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes des Kreises, Susanne Frindt-Poldauf, eingeladen werden. Das Rechnungsprüfungsamt untersteht nicht der Verwaltungschefin und Bürgermeisterin, sondern ist frei von fachlichen Weisungen unmittelbar dem Rat unterstellt. Das kommunale Parlament bedient sich der örtlichen Rechnungsprüfung als einer Art interner Ermittlungsabteilung, um das Handeln der Stadtverwaltung zu überprüfen. Die Stadt Haan hat kein eigenes Rechnungsprüfungsamt und bedient sich stattdessen des Kreis-Rechnungsprüfungsamtes.

Die WLH-Fraktionsvorsitzende Meike Lukat will vor allem wissen, ob die Bürgermeisterin diese Ausschreibung und Vergabe ohne vorherige Beratung und Beschlussfassung in den Fachausschüssen und im Stadtrat durchführen durfte.

Die WLH wolle nicht, dass das „sehr gute Sozial- und Integrationsmanagement in Haan [...] zerschlagen“ werde, nur weil eine Firma ein finanziell günstigeres Angebot gemacht habe: „Der soziale Schaden für die Stadt Haan kann hier wesentlich teurer für uns alle werden. Das wollen wir nicht.“

Die FDP hält eine Sondersitzung nicht für nötig, will aber am 28. November über die Vergabe reden – im Unterausschuss für Organisation, Personal und Controlling, schlägt Fraktionsvorsitzender Michael Ruppert vor. Auch die GAL macht sich „Sorgen“ um die Zukunft des Betreuungsmanagements in Haan. Die Fraktion habe erst im nicht-öffentlichen Teil des Sozialausschusses (1. Oktober) durch die Verwaltung davon erfahren. „Eine öffentliche Information der Ratsfraktionen erfolgte nach unserer Kenntnis bislang nicht“, schreibt Jochen Sack. Er bittet für die Ratssitzung am Dienstag, 29. Oktober, um die Beantwortung einer Reihe von Fragen. Unter anderem will die GAL wissen, wie die Verwaltung das Qualitäts-Controlling der Arbeit des neuen Dienstleisters gestalten und durchführen will. Und wie die Verwaltung die gewachsene Ehrenamtsstruktur erhalten will.