NRW Unauffällige Ehe endet mit tödlichen Schüssen
Haan/Wuppertal · Zweiter Verhandlungstag: Ein 60-Jähriger muss sich wegen Totschlags vor dem Landgericht Wuppertal verantworten.
Erst lässt er den Hund in den Garten. Dann holt er die 9-Millimeter-Pistole aus dem Safe in der Abstellkammer. Er nimmt Beruhigungsmittel und beschließt, sich selbst eine Kugel in den Kopf zu jagen. „Ich wollte es richtig machen“, erinnert sich der Angeklagte an den Morgen im März, an dem er beschlossen haben will, sich selbst zu töten. Am Nachmittag war es dann seine schwerverletzte Frau (47), die aus der Wohnung getragen wurde. Da hatte der 60-Jährige 13 Schüsse abgegeben, acht trafen das Opfer in den Rücken und in die Arme. Die Frau starb noch am gleichen Abend an ihren Verletzungen.
Was der wegen Totschlags angeklagte Haaner am zweiten Verhandlungstag vor dem Wuppertaler Landgericht schilderte, waren Szenen vom Ende einer Ehe. Schon Wochen zuvor hatte sich seine Frau von ihm getrennt. An einem Sonntag, für ihn völlig unerwartet, nach sieben Ehejahren. Sie soll zur Fernbedienung gegriffen und den Fernseher ausgeschaltet haben mit den Worten: „Wir müssen reden!“ Sie liebe ihn nicht mehr, es sei vorbei. „Wenn sie etwas nicht mehr wollte, dann war das so“, zeichnet der Angeklagte das Bild einer willensstarken Frau, der er sich nicht habe widersetzen können. Sieben Umzüge in sieben Ehejahren - und er habe alles bezahlt. Auch nach Haan habe er nicht ziehen wollen. „Meine Frau hatte die vorherige Wohnung einfach gekündigt. Dann hat sie sich die neue angeschaut und gesagt: Die ist super.“ Über die Wohnungssuche spricht er so, als sei all das an ihm vorbeigelaufen. Seine Frau habe bei einem Sicherheitsdienst gearbeitet, die Waffen hätten sie als Sportschützen legal besessen. Mit der Scheidung habe er sich abgefunden, seit der Trennung habe sich jeder in ein eigenes Zimmer zurückgezogen. Seine Frau habe einen eigenen Anwalt gewollt, den habe er ihr auch bezahlt.
Auslöser der Ehekrise soll ein Herzstillstand gewesen sein, den er im Herbst 2019 erlitten hatte. Damals sei ihm ein Defibrillator „eingebaut“ worden, seither habe er immer wieder Schmerzen und Panikattacken gehabt. Mehrmals sei er einfach umgekippt - seine Frau habe die Befürchtung geäußert, dass er pflegebedürftig werden könnte und „nur noch Gemüse“ sei. Noch kurz vor der Trennung soll sie ihm aber auch das gesagt haben: „Ich liebe Dich bis zum Mond und zurück.“ Erst in der Strafakte habe er gelesen, das sie Bekannten aus dem Motorrad-Club damals gesagt haben soll, er müsse jetzt mal „den Arsch hochkriegen“. Er sei depressiv gewesen wegen seiner Erkrankung, ihm sei alles zu viel geworden. „Das hätte nie passieren dürfen“ sagt er über die Tat.