Haltestellen erzählen Geschichten
Unter dem Titel „Schöner warten“ können sich Buskunden an Aushängen über die Historie ihrer Haltepunkte informieren.
Hilden. Zugegeben: Ein wenig klein sind sie schon, die DINA 4 Zettel in den Vitrinen der Bushaltestellen. „Das sind Sachzwänge“ bedauert Rheinbahnsprecher Eckhard Lander. „Die Vitrinen für die Fahrpläne haben eine bestimmte Größe und müssen ja auch noch die Fahrpläne beherbergen.“ Ein Jahr hat es gedauert, insgesamt elf Haltestellen auf Hildener Stadtgebiet mit Geschichten aufzuwerten. Jetzt sind sie da.
Die Idee hatte der Hildener Autor und Grafiker Thomas Bernhardt, der bereits seit langem mit der Rheinbahn zusammenarbeitet und auch viele andere ganz unterschiedliche Geschichtsprojekte in Hilden und Düsseldorf initiiert hat. In Düsseldorf hat er seit 2005 schon 32 Stationen mit Geschichten versehen: „Kaum jemand weiß, was sich hinter den Namen der Haltestellen verbirgt.“
Mit diesem Argument hatte er die Rheinbahn davon überzeugt, Haltestellengeschichten bei ihm in Auftrag zu geben: „Bei uns läuft das unter dem Stichwort „Schöner warten“, sagt Eckhard Lander. „Thomas Bernhardt macht die Recherche, wir assistieren bei Redaktion, Lektorat, Layout und schließlich dem Aushang.“
Der Hildener Bahnhof ist übrigens „ziemlich genau 140 Jahre alt“, sagt Bernhardt, aber offenbar weiß das niemand. Sonst würde das Jubiläum doch irgendwie gefeiert. „Vielleicht wird ja zumindest der 150. Geburtstag gefeiert.“ — Gut möglich, denn an den Bushaltestellen am Hildener S-Bahnhof kann man das jetzt nachlesen und so die Erinnerung bewahren: „Am 19. November 1874 bekam die Stadt einen eigenen Bahnhof.“
Bis zu diesem Zeitpunkt mussten Hildener Fabrikanten ihre Produkte per Pferdefuhrwerk nach Ohligs oder Benrath fahren und sie dort auf Güterwaggons umladen oder für die Produktion benötigte Rohstoffe dort abholen. „Ein Eisenbahnanschluss in Hilden würde den Zeitaufwand verringern. Da kam die Rheinische Eisenbahngesellschaft mit ihrem Plan gerade recht, bis 1874 eine Strecke von Troisdorf bei Siegburg bis Speldorf bei Mülheim (Ruhr) über Hildener Gebiet zu führen. In der Anfangszeit, lernen wartende Rheinbahnkunden, wurden deutlich mehr Güter als Personen mit der Bahn transportiert.
All das hat Thomas Bernhardt, der die „Zeitmaschine Geschichtswerkstatt Düsseldorf“ mitgegründet hat, recherchiert und dabei auch die Hilfe des Stadtarchivs in Anspruch genommen. Jahreszahlen, aber auch die Fotos, die auf den Haltestellengeschichten zu sehen sind, stammen daraus. Auf einem Foto von 1913 sieht man jede Menge Bahnhofspersonal vor dem eigentlichen Gebäude; auf einem anderen die Gebäude der Güterabfertigung und auf einem dritten Bürgermeisterin Ellen Wiederhold beim „Anpfiff der ersten Fahrt vom neuen S-Bahn Haltepunkt Hilden-Süd 1980“.
Der Dank ans Stadtarchiv: Ein QR-Code auf den Geschichtsaushängen verweist direkt ans Fabry-Museum und dessen Termine. „Das hatte sich der Stadtarchivar so gewünscht.“ Rheinbahnkunde Titus Schauf, ein junger Fahrgast aus Haan, findet das neue Angebot der Rheinbahn „gut. Wie alt der Bahnhof ist oder wer wer ist, weiß man als Nicht-Hildener ja eher nicht. Das fände ich auch für Haan interessant.“
Kerstin Sauer, die mit ihrem kleinen Sohn gerade aus dem Bus steigt, gefällt das neue Angebot auch. „Ich bin Hildenerin, aber wer zum Beispiel Fritz Gressard ist oder Details über den Bahnhof, das weiß ich auch nicht.“ Geschichtsfreund Bernhardt hatte also den richtigen Riecher, als er der Rheinbahn vorschlug, solche Geschichten bekannt zu machen.
Seine Zielgruppe sind heimische und auswärtige Fahrgäste gleichermaßen. Bei der Auswahl der Haltepunkte wurden elf besonders geschichtsträchtige bevorzugt. Das muss es aber noch nicht gewesen sein. Die Rheinbahn lässt sich gerne davon überzeugen, dass es in Hilden weitere historisch interessante Haltepunkte gibt.