Hilden Stolperstein für Leo Meyer gefordert

Hilden. · Im Ersten Weltkrieg half der jüdische Kaufmann französischen Flüchtlingen in Belgien. Von den Nazis wurde der „gute Deutsche“ verfolgt. NS-Ortsgruppenleiter Heinrich Thiele eignete sich die Immobilien der Familie in Hilden an. Leo Meyer klagte dagegen – und fand keine Gerechtigkeit. Krank und zermürbt starb er 1953 mit 58 Jahren. Therese Neuhaus möchte, dass Leo Meyer in Hilden endlich eine Würdigung erfährt. Deshalb hat sie einen Bürgerantrag gestellt.

 Leo Meyer mit sener Adoptivtochter Hannelore (etwa 1936). Das Bild ist auf dem Cover von Barbara Suchys Buch zu sehen.

Leo Meyer mit sener Adoptivtochter Hannelore (etwa 1936). Das Bild ist auf dem Cover von Barbara Suchys Buch zu sehen.

Foto: Christoph Schmidt

(cis) Leo Meyer (1891 geboren) stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Hilden. Vier Jahre lang kämpft er im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland. 1917 wird er Ortskommandant in Oost-Malle, einer Kleinstadt im besetzten Belgien. Dort leiden Hunderte von französischen Flüchtlingen aus Lille große Not. Meyer hilft: Mehrfach lässt er heimlich Lebensmittel in ein Kloster schaffen, das die Spenden verteilt. Mehr noch: Er bittet seinen Vater um Geld. Dieser schickt ihm 5000 Goldmark – ein Vermögen. Er gibt das Geld der Oberin, bittet sie, damit die Flüchtlinge zu versorgen. Die Nonnen nennen ihn „le bon boche“, der gute Deutsche.

Die Pogromnacht am 10. November 1938 ist in Hilden besonders schlimm. Hier sterben sieben Menschen, überproportional viele gemessen an der Einwohnerzahl (22 000). Auch Leo Meyer und seine Familie werden Opfer. Leo wird schwer verletzt, sein Vater Nathan stirbt einige Tage später an den ­Misshandlungen.

Heinrich Thiele war Anstifter
der Hildener Mörderbande

Anstifter der Mörderbande ist der NS-Ortsgruppenleiter Heinrich Thiele – ein Nachbar. Leo Meyer flieht 1939 nach Belgien und bittet völlig mittellos im Kloster von Oost-Malle um Hilfe. Die Oberin erkennt „le bon boche“ – und hilft. Als die Wehrmacht Belgien überfällt, wird Leo Meyer in dem berüchtigten Lager Gurs in Vichy-Frankreich interniert. Ohne die Lebensmittelpakete von Oberin Beatrix wäre er dort verhungert. Die Französin tut alles, wirklich alles, um ihn dort herauszuholen. 1941 hat sie Erfolg: Leo Meyer erhält „Erholungs-Urlaub“, wird befristet entlassen. Der Bruder der Äbtissin, der Müller Joseph Briquet, nimmt ihn bei sich zu Hause auf. Dort kann sich der deutsche Jude bis Kriegsende verstecken. Obwohl viele in dem kleinen Dorf Antisemiten sind, wird er nicht verraten. 1949 kehrt Meyer nach Hilden zurück, er stirbt 1953 mit 58 Jahren.

Eine unglaubliche Geschichte – herzzerreißend. Aufgeschrieben hat sie die Hildener Historikerin Barbara Suchy: nüchtern und ohne moralischen Appell, aber deshalb um so ergreifender. Beim Lesen steigen häufig die Tränen in den Augen. Die Hildenerin Therese Neuhaus bemüht sich schon seit Jahren, einen Stolperstein für Leo Meyer verlegen zu lassen. So wie für seinen Vater Nathan, dessen erste Frau Minna, Leo Meyers Adoptivtochter Hannelore und seine Schwester Klara Wege. Aber der Arbeitskreis Stolpersteine in Hilden tut sich damit schwer, weil Leo Meyer nicht während des Nationalsozialismus gestorben