Haan Anwohner beklagen Rücksichtslosigkeit

Haan. · Immer mehr Menschen nutzen das Ittertal als eine Art privaten Freizeitpark. Sie graben Pflanzen aus, trampeln durch Brutgebiete der Vögel und hinterlassen jede Menge Müll. Anwohner sind empört – und appellieren an die Vernunft.

Barbara Leibelt-Menzel beseitigt jeden Tag die Hinterlassenschaften von Passanten.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Seit etwa fünf Jahren wohnt Barbara Leibelt nun schon im Ittertal. Von ihrem Garten aus genießt sie den Blick auf das Naturschutzgebiet, vor allem auf die Itter, an deren Ufern immer wieder Vögel brüten. Doch was der Haanerin an einem der vergangenen Wochenenden ins Blickfeld geriet, verschlug ihr fast die Sprache: „Da trampelte doch tatsächlich eine ganze Familie mit Mutter, Vater und Kleinkind in Gummistiefeln durch das Bachbett, als wäre das eine Abenteuer-Attraktion“, berichtet Barbara Leibelt. Sie habe die drei dann freundlich darauf hingewiesen, dass man mit so einem Verhalten wichtige Brutplätze zerstöre und die Vögel vertreibe. Doch die Familie habe sich überhaupt nicht daran gestört und sei einfach weiter durchs Wasser gestapft – nach dem Motto: Wir lassen uns doch unseren Spaß nicht verderben.

Keine Ausnahme, sondern fast schon die Regel: An die Vorschriften für das Wandern im Naturschutzgebiet halten sich Leibelt zufolge ohnehin schon immer weniger Menschen – doch mit der Corona-Krise und der damit verbundenen wachsenden Beliebtheit des Waldes stellen sie und ihre Nachbarn mittlerweile immer größere Auswüchse fest.

Beispiele gibt es reichlich: „Mein Mann hat unlängst einen Setter-Hund bei uns hinterm Haus beobachtet, der am Teich immer wieder die Tiere aufscheuchte“, berichtet die Haanerin. Als er den Besitzer darauf ansprach, habe der nur geantwortet: „Na und? Das ist schließlich ein Jagdhund!“

Ein anderes Mal habe ein Mann einfach Pflanzen ausgegraben, um sie mit nach Hause zu nehmen. „Und weil die Leute sich immer öfter nicht an die Wege halten, sind mittlerweile richtige Trampelpfade entstanden“, sagt Barbara Leibelt.

Dass es sich beim Ittertal um ein Naturschutzgebiet handelt, sei diesen Zeitgenossen offenbar egal, was im Übrigen auch der achtlos weggeworfene Müll belege. „Die Nachbarn und wir sammeln auf unseren Spaziergängen immer wieder ganze Tüten voll Hinterlassenschaften ein und entsorgen sie“, erzählt die Anwohnerin – die Palette reiche von der Zigarettenkippe bis hin zum Hundekot-Beutel, gefüllt natürlich. Das empfindet Barbara Leibelt als geradezu schizophren: „Dann sollen sie den Hund doch lieber irgendwo hinters Gebüsch machen lassen“, sagt sie: „Das wäre auf jeden Fall immer noch besser, als die volle Tüte einfach in den Wald zu werfen.“

Das Ittertal ist nicht nur für Haan und Solingen, sondern für die gesamte Region ein bedeutsamer Grünzug, der unter anderem das Rheintal mit dem Tal der Wupper verbindet. Solche Verbindungen sind laut Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) für die Natur als Vernetzungslinien wichtig, für die Menschen als Erholungsräume und für die Städte als Wege, auf denen frische Kaltluft in den Ort und zu den Bewohnern gelangt.

Noch 2002 bilanzierte die Biologische Station Mittlere Wupper für das Ittertal: „Es konnten jeweils 15 Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste des Landes NRW und der Vorwarnliste festgestellt werden“, außerdem 35 Brutvogelarten: vom Buntspecht bis zum Gartenbaumläufer. Zufällig festgestellte Fledermausarten waren Wasserfledermaus und Abendsegler. „Die Gewässer und die wasserbegleitenden Gebüsche sind Lebensraum für Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgsstelze und Sumpfrohrsänger“, hieß es weiter.

Dass Leute diese ohnehin bedrohte und abnehmende Vielfalt für ein paar Stunden Freizeitvergnügen rücksichtslos aufs Spiel setzten, ist für Leibelt ein Unding. Sie werde auch künftig nicht aufhören, solche Zeitgenossen freundlich aber bestimmt auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen, betont sie. Die Pflanzen und Tiere könnten es ja schließlich nicht selber tun.