Wohnen in Hilden Mieter ärgern sich über defekte Heizung

Hilden · An der Sudermannstraße in Hilden fürchten viele Mieter den kalten Winter. Sorgen berieten ihnen nicht die hohen Energiepreise, sondern unbeheizte Wohnungen – und das schon seit Jahren.

Ganz schön kalt hier: Sandra Amankwaa-Cann und viele ihrer Nachbarn leiden unter temporären Ausfällen der Heizungsanlage.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Niedrige Temperaturen belasten das Herz, darin ist sich die Wissenschaft einig. Denkt Sandra Amankwaa-Cann an ihren Vermieter, dann dürfte ihr Puls hochgehen und das in kalter Umgebung: In ihrer Wohnung an der Sudermannstraße in Hilden fällt immer wieder die Heizung aus und das offensichtlich bereits seit Jahren, erzählt sie. Passenderweise wirbt dieser Vermieter, die Vivawest, mit dem Slogan „Wohnen, wo das Herz schlägt“.

Diese Botschaft findet sich oben rechts auf einem Schreiben, das die Hildenerin Anfang November erhielt. Interessanter ist der Betreff, der sich auf einen Heizungsausfall vom 18. bis zum 26. Oktober bezieht. Die Vivawest, mit circa 120.000 Wohnungen einer der größten Vermieter in Nordrhein-Westfalen, möchte sich „für die entstandenen Unannehmlichkeiten“ ausdrücklich entschuldigen und bietet für den Zeitraum eine Mietminderung in Höhe von 85 Euro an, und zwar pauschal und ohne Rechtspflicht.

Heizungsstörungen in dem Haus gibt es seit Jahren

Aber ist dieser Betrag tatsächlich angemessen? Die Generali-Versicherung verweist auf ihrer Homepage auf ein Urteil des Amtsgerichtes Berlin-Neukölln. Es entschied, dass bei einer Raumtemperatur von unter 15 Grad im Winter eine Mietminderung von 25 Prozent angemessen sei, sollte eine Heizung defekt sein. 75 bis 100 Prozent seien möglich bei einem Totalausfall der Heizung während der Heizperiode – die in der Regel vom 1. Oktober bis zum 30. April des Folgejahres dauert.

Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern sind juristische Alltäglichkeiten. Am Ende stehen ein Urteil oder ein Vergleich. Das Gericht entscheidet über den Einzelfall. Ob eine Klage zur Entschädigung führt und wie hoch dann die Summe ist, kann von Gericht zu Gericht ganz unterschiedlich sein, vor allem in erster Instanz. Sandra Amankwaa-Cann zahlt nach eigenen Angaben eine Kaltmiete von rund 600 Euro pro Monat, warm erhöht sich der Betrag auf circa 900 Euro. Sind 85 Euro Mietminderung für neun Tage ohne Heizung also angemessen? „Das kommt darauf an“, würde vermutlich ein Rechtsanwalt darauf antworten.

Versicherungen raten, Mängel dem Vermieter unverzüglich schriftlich zu melden, dieser habe drei bis vier Tage Zeit, eine defekte Heizung zu reparieren, und an diesem Punkt wird es interessant: Der Wohnblock an der Sudermannstraße ist immer wieder von diesem Problem betroffen. So berichteten wir bereits im Januar 2018 unter der Überschrift „Heizung fällt in 55 Wohnungen aus“ über die Problematik. Dort wird der Fall einer Familie mit einem wenige Tage alten Säugling geschildert, die zunächst vom Notdienst vertröstet wird. Nach mehrfacher Aufforderung fährt dieser doch raus, repariert die Heizungsanlage, doch nur zwei Stunden später fällt diese erneut aus. Damals seien Brenner und Gasarmatur defekt gewesen, teilte das Unternehmen mit.

Bis Anfang November gab es in 2023 schon fünf Störungen

Sandra Amankwaa-Cann berichtet, dass die Mieter in dem Wohnblock seit Jahren immer wieder von Ausfällen der Heizungsanlage betroffen seien. Sie empfinde das Drehen am Thermostat schon als Lotteriespiel. Eine Nachbarin führe seit 2019 Protokoll über die Fälle und habe einen dicken Ordner dazu angelegt. Für das laufende Jahr waren bis zum 7. November fünf Termine/Zeiträume eingetragen worden. Am 7. Dezember 2021 notierte die Mieterin 14 Grad Innentemperatur in ihrer Wohnung. Gemeinsam habe man nach dem jüngsten Ausfall der Heizung das Gespräch mit den anderen Mietern gesucht, sagt Sandra Amankwaa-Cann. Viele würden sich über die Zustände am Sudermannweg ärgern. Das Ergebnis: „Die Mehrzahl unserer Nachbarn ist bereit, sich gegen die Missstände zu wehren“, beschreibt sie die Stimmung.

Die chronisch kranke Heizungsanlage ist übrigens nicht das einzige Ärgernis im Gebäude. So sei die Tiefgarage feucht, nach Regenfällen sammeln sich immer wieder Pfützen an, berichtet Sandra Amankwaa-Cann, die gemeinsam mit ihrer 18 Jahre alten Tochter nun in den dritten Winter im Hildener Norden gehen wird. Bei einem Ortstermin hinterlässt auch das Treppenhaus einen wenig einladenden Eindruck. Viele Wohnungstüren sind beschädigt, weisen Risse im Rahmen auf. Auch die Wände könnten einen Anstrich vertragen.