Haan Osterholz: Initiative kämpft gegen Rodung
Haan. · Marjolein Schlüter und die Initiative „Osterholz bleibt“ setzen sich gegen die Rodung von fünf Hektar Wald ein. Sie laden für Sonntag zu einem Spaziergang durch den Wald ein, in dem auch zwei Baumschützer wohnen.
Von morgens um 6 bis abends um 22 Uhr begleiten die Kalkwerke Oetelshofen Marjolein Schlüter. So lange dauern die Arbeiten dort, so lange hört sie in ihrem Garten das Rattern der Maschinen und Fahrzeuge, einmal täglich auch eine Sprengung, bei der die Türen in ihrem Haus wackeln. Und auch wenn die 56-Jährige nicht zu Hause ist, prägt der Steinbruch derzeit ihr Leben. Fünf Hektar Wald sollen in Haan-Gruiten und dem angrenzenden Wuppertal-Vohwinkel gerodet werden, um Platz für eine Halde mit Abraum aus dem Kalkwerk zu schaffen. Das wollen Marjo-
lein Schlüter und ihre Mitstreiter der Initiative „Osterholz bleibt“ nicht zulassen und setzen sich mit viel Engagement gegen die geplante Rodung ein. „300 Hektar Buchen wurden 2016 ja schon abgeholzt – das ist Mord auf Raten.“
Mürbe mache es sie nicht, dass dieses Thema so viel ihrer Zeit einnimmt, sagt sie, eher kampfeslustig. „Ich habe vier Kinder und diesen gegenüber eine Verantwortung. Außerdem hat jeder Mensch eine Verantwortung für die Erde, auf der wir leben. So, wie wir bisher mit ihr umgegangen sind, kann es nicht weitergehen.“ Also hat Marjolein Schlüter sich eingelesen, in Akten mit oft mehr als 200 Seiten, in Gutachten, in Planfeststellungs-Unterlagen und Regionalpläne. Schlüter ist Sprecherin der Initiative, auch an diesem Tag trägt sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns unsere Wälder raubt“, und der Adresse der Website.
Nach corona-bedingter Pause organisiert die Initiative am Sonntag, 2. August, erstmals wieder den monatlichen Waldspaziergang. Hierbei zeigen Schlüter und ihre Mitstreiter, was sich verändert, wenn das Vorhaben wie geplant umgesetzt wird, vermitteln, warum der Wald aus ihrer Sicht nicht gerodet werden darf, und was die Initiative bereits erreicht hat und plant. „Schon jetzt steht der Wald dank uns ein Jahr länger als geplant. Jeder Tag, den die Bäume und Pflanzen länger stehen, lohnt sich für sie und für die Tierwelt.“
Besonders zu Dank verpflichtet sei die Initiative dem jungen Paar, das seit einem Jahr in dem Waldstück lebt. „Anfangs hatten sie nur zwei Betten hoch oben in den Bäumen, da habe ich noch mit Frühstück und Co. ausgeholfen. Aber jetzt sind die beiden da gut eingerichtet und haben auch den ganzen Winter dort gelebt.“ Schlüter selbst hat die vergangenen Wochen und Monate genutzt, um weiter in alten Akten zu recherchieren, und ist auf einige Unklarheiten gestoßen.
Zuständig für das Gebiet ist heute die Bezirksregierung Düsseldorf, bei der sie um Akteneinsicht gebeten habe. Diese habe jedoch an die früher zuständige Stadt Wuppertal verwiesen. „Wie ist es möglich, dass die Bezirksregierung keine Akten aus diesem Verfahren vorliegen hat?“ Aus einem Beschluss der Stadt Wuppertal gehe außerdem hervor, dass eine Erweiterung oder Erhöhung der Halde Oetelshofen nicht möglich ist. „Dieses Wissen ist relevant für das aktuelle Planfeststellungsverfahren. Ich frage mich, ob die Bezirksregierung hiervon Kenntnis hat. Die Pläne aus 2019 hätten nach diesem Beschluss so überhaupt nicht beantragt werden können.“ In der Verwaltung der beiden Städte Wuppertal und Haan sei dies wohl leider niemandem aufgefallen.
Auch in noch weiter zurückliegenden Planungen aus den Jahren 2005 und 2013 sind nach Meinung der Initiative Fehler gemacht worden. „Haan hat 2013 bezogen auf das Thema Grundwasser Einspruch erhoben, nicht aber bezogen auf eine Rodung im Landschaftsschutzgebiet.“ Die Stadt habe hingenommen, dass aus dem Schutzgebiet Industriegebiet geworden ist. „Die Leidtragenden sind die Bürger.“
Im Osterholz hat die Gruitenerin geschützte Arten gefunden
2005 sei im Zuge der Planung der Regiobahn zudem entschieden worden, dass die Halde Hanielsfeld in Wuppertal nicht länger Landschaftsschutzgebiet bleibt, dafür aber die Halde Oetelshofen Schutzgebiet wird. „Auf diesen Status wartet die Halde seit 15 Jahren. Und wenn wir vorschlagen, die vorhandenen Steinbruch-Löcher in näherer Umgebung zu verfüllen, wird darauf verwiesen, dass das Naturschutzgebiete seien. Und eine Innenverkippung zurück in die Grube ist angeblich nicht nachhaltig.“ Im Osterholz hat Marjolein Schlüter geschützte Arten gefunden: Orchideen, Hirschzungenfarn, Schmetterlinge, sogar einen Frosch. „Dies haben wir den Unteren Naturschutzbehörden des Kreises Mettmann und der Stadt Wuppertal sowie der Bezirksregierung Düsseldorf mitgeteilt. Leider hat das vor uns wohl noch keiner entdeckt.“ Bei allem betont Schlüter, dass sie und ihre Mitstreiter sehr dialogbereit seien. Till Iseke, Assistent der Geschäftsführung bei den Kalkwerken Oetelshofen, sei ihr Nachbar und ihr sympathisch. „Unsere Auffassungen gehen zwar komplett auseinander, wir respektieren uns aber.“
An einer der Waldwässerungsaktionen, die Oetelshofen seit Juni durchführt, nahm sie sogar selbst teil. „Allerdings bekommt nur ein kleiner Teil der Bäume Wasser, und auch nur 30 000 Liter alle zwei Wochen, während die Firma der Natur die gleiche Menge Wasser, Grundlage aller Lebensformen, innerhalb von eineinhalb Minuten wegnimmt.“