Pflegeschüler sind eine Woche Chefs

Angehende Pfleger übernehmen die Verantwortung für alle Abläufe. Examinierte Kräfte unterstützen.

Foto: Stephan Köhlen

Haan. Als Judith Korbmacher 1999 ihr Krankenpflege-Examen bestand, hatte sie noch nie Verantwortung für den Stationsbetrieb getragen. Insofern weiß die heutige Stationsleiterin der 2A, wie wichtig die Erfahrung ist, die derzeit 67 Krankenpflegeschüler der Oberstufe sammeln. Die angehenden Pfleger, die im August 2017 beziehungsweise Januar 2018 nach dreijähriger Ausbildung ihre Prüfung ablegen, leiten nämlich für knapp eine Woche Teile von Krankenhausstationen. 20 Schüler sind am Haaner St. Josef-Krankenhaus eingesetzt — auf einer internistischen Station und erstmals in der Gefäßchirurgie. Elf Pflegekräfte in spe leiten eine Station im Hildener St. Josefs-Krankenhaus, 14 im Langenfelder Martinus-Krankenhaus und 22 an der Solinger Lukas-Klinik.

Sieben Zimmer auf der gefäßchirurgischen Station und vier Patientenzimmer auf der internistischen Station liegen noch bis morgen Abend in der Verantwortung der Azubis. Sie kümmern sich um Neuaufnahmen und das Entlass-Management, koordinieren die Abläufe für den ganzen Tag. Es gilt, dafür zu sorgen, dass die Patienten pünktlich zu Untersuchungen oder zur Operation kommen. Verbände müssen gewechselt, Mahlzeiten serviert werden. Gespräche mit Ärzten sind zu führen und Schichten geordnet zu übergeben. „Und am Ende muss alles erledigt sein“, sagt Christiane Roß (22). Ihr Kollege Jörn Berner (26) begrüßt es, Verantwortung zu erfahren. Das bringe ihn auch in der Ausbildung weiter, indem er etwa erkenne, dass er in einigen Bereichen noch eine Menge lernen muss. „Die Schüler sollen durchaus Grenzerfahrung sammeln, aber nicht überfordert werden“, erklärt Christoph van de Loo. Bei Bedarf hätte der Arbeitsbereich vergrößert werden können. Der Schulleiter des Katholischen Bildungszentrums, an dem derzeit in allen Jahrgängen rund 200 Schüler ihre 2300 Unterrichtsstunden der Ausbildung absolvieren, ist selbst mit auf der Station und beobachtet, wie sich die Schüler in ihrer neuen Aufgabe zurechtfinden. Er, wie auch die examinierten Kräfte halten sich aber im Hintergrund, kontrollieren und korrigieren, wenn nötig. Ihr Feedback hilft den Auszubildenden weiter und gibt auch die Sicherheit. Die positiven Rückmeldungen der Patienten sind dagegen Motivation pur. „Manch einer wird Donnerstagabend traurig sein, dass die Tage mit personeller Zusatzstärke vorbei sind“, kann sich Judith Korbmacher vorstellen. Van de Loo: „Das Lernen mit Kopf, Herz und Hand gibt viel Sicherheit und ein gutes Gefühl.“

Die Pflegeschüler erleben das Tagesgeschäft ganz neu. „Für mich war das Delegieren schwer, ich mache gern alles selber“, hat Jörg Berner erkannt. „Schichtleitung ist ein ganz neues Arbeitsfeld. Allen Aufgaben gerecht zu werden, ist eine ziemliche Herausforderung“, bilanziert Christiane Roß. Und sie ist überrascht von der Zusammenarbeit: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir so harmonisch funktionieren.“

Ellen Zander, die Pflegedirektorin des St. Josef-Krankenhauses, begrüßt den Perspektivwechsel. Das Projekt sei seit Jahren etabliert. Sehr gefreut habe sie sich über die Premiere in der Gefäßchirurgie, die ein spezielles Gebiet darstelle.