Schüler erfahren die Welt der Blinden

Erlebnismobil der Christoffel-Blindenmission kam zur evangelischen Gesamtschule Hilden.

Foto: Köhlen

Hilden. Wie es ist, sich als sehbehinderter Mensch im Alltag zurecht zu finden, erlebten am Dienstag rund 120 Schüler der evangelischen Gesamtschule an der Gerresheimer Straße in Hilden am eigenen Leib. Die Christoffel Blindenmission war dort mit ihrem Erlebnismobil zu Besuch, um die für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren. Mit einem Langstock in der Hand und einer speziellen, aus Milchglas gefertigten, Brille, die den Grauen Star — eine starke Linsentrübung simuliert — durften die Siebtklässler einen kleinen Hindernisparcours im Inneren des Busses überwinden.

Aufgeregt blickte sich die erste Gruppe von Schülern auf dem Schulhof an, hantierte mit dem Stock herum, ehe sie einzeln den Bus betreten durften. „Ich erwarte einige Stufen, vielleicht irgendwelche Sachen auf dem Boden“, sagte die zwölfjährige Selinay. Am Ende sollte sie überrascht und mit vielen neuen Erkenntnissen aus den Bus steigen.

Der Parcours, ausgestattet mit verschiedenen Bodenbelägen, wie Kieselsteinen, Holzplatten oder verschiedenen Erhebungen, sowie diverse Hürden, etwa herumstehende Mülltonnen, hochgewachsenen Pflanzen, Mäuerchen oder einem Vorhang aus Holzperlen, ist eigentlich leicht zu überwinden — für einen Sehenden. Die Schüler aber bekamen gleich zu Beginn — noch ehe sie den Parcours sehen konnten — die Brille aufgesetzt. So, als nahezu erblindeter Mensch, tasteten sie sich verunsichert und desorientiert durch den Erlebnisbus. „Das ist wirklich erschreckend“, äußerte Selinay, als sie nach einigen Minuten aus dem Bus stieg. „Man hat so gut wie nichts gesehen und ich hatte wirklich Angst hinzufallen.“ Durch die Brille waren höchstens helle und dunkle Stellen zu erkennen. Gerade noch schemenhaft konnten die Siebtklässler ihre Umwelt wahrnehmen.

„Das ist schon eine gute Sache“, urteilte Mitschüler Kevin (13). „Damit kann man sich ein bisschen in die Lage von blinden Menschen versetzten, wie schwer es für sie sein muss.“ Berührungsängste, äußerten einige der Schüler dann, haben sie manchmal schon noch, im Umgang: „Ich fühle mich immer unwohl, weil ich nicht weiß, ob ich jemanden, der im Rollstuhl sitzt, auf der Straße einfach anschauen kann oder besser wegschaue, damit er sich nicht angestarrt fühlt?“, fragte ein Schüler besorgt.

Die Christoffel-Blindenmission wirbt für Rücksichtnahme, aber nicht für eine Extrawurst. Menschen mit Behinderung, sagte CBM-Mitarbeiterin Vera Sedlak, wollen ganz normal behandelt werden, wie jeder andere auch. Die Mission fordert Inklusion, gleichberechtigte Teilhabe, und betreibt in Deutschland hauptsächlich Aufklärungsarbeit. In Entwicklungsländern, wo rund 80 Prozent von weltweit insgesamt gut einer Milliarde Menschen mit Behinderungen leben, greifen sie aktiv ein. Denn in den ärmsten Ländern werden Menschen mit Handicap meist komplett aus der Gesellschaft ausgegrenzt.

Die Mission fördert daher Schulen für Gehörlose oder Blinde und bezahlt Operationen, um für die Betroffenen ein so eigenständiges Leben wie nur möglich zu erreichen. Und in Deutschland, stellt Sedlak fest, fehle es am Bewusstsein der Gesellschaft, dass eine Behinderung jeden treffen kann, vor allem mit steigendem Alter. Diese Erkenntnis soll der jungen Generation — auch durch solche Aktionen — frühzeitig mit auf den Weg gegeben werden.