Schülern debattieren mit Politikern
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl stellten sich die Direktkandidaten des Wahlkreises 104 beim Polit-Talk den Fragen von Haaner Gymnasiasten.
Haan. Schon bei der Begrüßung warnte Schulleiterin Friederike von Wiser die Kandidaten des Bundestagswahlkreises Mettmann I vor: „Wir sind geübt in Podiumsdiskussionen.“ Schließlich hatte das städtische Gymnasium Haan bereits im Mai anlässlich der Landtagswahl Vertreter der Parteien zu einem „Polit-Talk am Vormittag“ eingeladen. „Es ist ein strenges Publikum“, betonte von Wiser. Die Oberstufenschüler, die sich in der Aula eingefunden hatten, um diesem „Polit-Talk“ zuzuhören, seien die Wähler von morgen.
Vorbereitet hatte die Veranstaltung der Leistungskurs Sozialwissenschaften gemeinsam mit den Sozialwissenschaftslehrern Raimund Scharpenack und André Noack. „Drei große Themenbereiche haben die Schüler am meisten interessiert“, erzählt Raimund Scharpenack, „Außen- und Europapolitik, Sozialpolitik und Ökologie sowie Wirtschafts- und Finanzpolitik.“ Zu diesen Bereichen hatten die fünfzehn Schüler des Leistungskurses eine ganze Reihe Fragen vorbereitet.
Angetreten, um den Schülern Rede und Antwort zu stehen, waren Bundestags-Vizepräsidentin Michaela Noll (CDU), Jens Niklaus (SPD), Jörg Leunert (Bündnis 90/Die Grünen), Dieter Karzig (Die Linke), Martina Reuter (FDP) und Martin Renner (AfD).
Bereits die erste Frage ließ Politiker und Schüler in eine intensive Diskussion einsteigen: Wie ist die Position der Partei zu Erdogan? Während hier die AfD einen kompletten Abbruch der EU-Beitrittsgespräche fordert, plädierten die übrigen Parteien dafür, „die Verhandlungen vorerst auf Eis zu legen, aber weiter mit der Opposition im Gespräch zu bleiben“, wie es Dieter Karzig formulierte. Heiß her ging es dann bei der Frage, ob Deutschland denn überhaupt noch Druck auf Erdogan ausüben könne, da es doch einen Deal zum Schutz der Grenzen mit ihm geschlossen hätte. Hier mussten die Schüler des Leistungskurses, die die Moderation übernommen hatten, die Politiker immer wieder einfangen, um ein Abgleiten in Grundsatzdiskussionen zu vermeiden. Am Ende musste das Thema abgebrochen werden, da die Zeit um war.
Nun schon warm diskutiert, mussten sich die Politiker zum Thema „Soziale Gerechtigkeit“ ausgefeilt kritischen Fragen stellen, wobei die Moderatoren hier keinerlei Ausflüchte gelten ließen, sondern erbarmungslos nachhakten, schlagfertig und clever. Als Michaela Noll auf die Frage, ob sie Deutschland für sozial gerecht halte, antwortete: „Ja, im Vergleich mit anderen Ländern stehen wir gut da“, kam sofort die Nachfrage: „Wer ist dieses wir?“ Hier kam die CDU-Politikerin etwas ins Schwimmen, um dann vor die Frage gestellt zu werden, ob sie denn meine, dass es den Geringverdienern, den Mindestlöhnern und Hartz IV-Empfängern wirklich gut gehe? Beim Thema „Soziale Gerechtigkeit“ wurden die Unterschiede zwischen den Parteien am deutlichsten sichtbar, wie die Positionen zu Reichensteuer, Mindestlohn und Erbschaftssteuer deutlich machten. Durch die hitzige Diskussion blieb am Ende keine Zeit mehr, um die Ökologie noch anzusprechen. Schon stand das Thema „Wirtschaft- und Finanzpolitik“ auf dem Programm und der Schuldenabbau wurde in den Fokus gestellt. Die Schüler machten es den Politikern nicht leicht, prüften ihre Ansichten auf Herz und Nieren und sorgten mit einer erfrischend kurzweiligen Debatte für einen Einblick in die aktuelle Welt der Politik.