Sie haben die Station unter Kontrolle

Am St. Josef Krankenhaus in Haan übernehmen 16 Pflegeschüler sechs Tage lang die Leitung und die Organisation.

Haan. Blutdruckmessen, das beherrscht Svenja Hessner aus dem Effeff. Anschließend aber die Akte des Patienten zu führen, Kollegen Aufgaben zuteilen und im Prinzip die gesamte Station im Überblick zu behalten — das ist für die 20-jährige Pflegeschülerin Neuland.

Diese Erfahrung machen zurzeit 16 Auszubildende aus den Mittel- und Oberkursen am St. Josef Krankenhaus. Sechs Tage lang übernehmen sie die Leitung auf einer Station des Diabeteszentrums — mit allem was dazugehört: Dienstpläne machen, die Pflege planen, Aufnahmen, Verlegungen und Entlassungen organisieren.

„Es ist schon alles etwas chaotischer mit uns. Wir sind halte viele Schüler auf begrenztem Raum“, sagt Pflegeschülerin Hessner schmunzelnd.

Genauer gesagt sind je acht Schüler pro Früh- und Spätschicht für elf Patienten zuständig. Jeder übernimmt in der knappen Woche einmal die Leitung, „das war besonders merkwürdig, den eigenen Mitschülern Vorschriften zu machen“, sagt Pflegeschülerin Jessica Mokroß.

Alleingelassen werden die Schüler dabei aber nicht: Die Krankenschwestern der Station sowie die Lehrer sind für Fragen offen, halten sich aber im Hintergrund. „Man merkt schnell, wie viel Verantwortung es ist, eine Station zu leiten“, fasst Mokroß zusammen.

Genau das ist auch das Ziel des Projekts, das das Katholische Bildungszentrum Haan auch in Langenfeld, Hilden und Solingen durchführt. „Die Schüler sollen einen realistischen Eindruck von den umfangreichen Aufgaben auf einer Station bekommen“, erklärt Lehrerin Kornelia Butzen. „Und es kristallisieren sich schnell Führungskräfte heraus.“

So wie Svenja Hessner, die offen zugibt: „Ich habe sogar ein zweites Mal die Leitung übernommen, nachdem eine Kollegin krank geworden ist.“ Sie ist auf den Geschmack gekommen.

Angefangen haben die Schüler vergangenen Samstag, heute ist der letzte Tag, morgen bekommen sie dann ein Feedback. „Noten gibt es dafür aber nicht“, stellt Lehrerin Butzen klar. Die Erfahrung zählt. Und das Verständnis, das die Schüler zukünftig für die Schwestern auf der Station mitbringen.

Denn Kornelia Butzen beobachtet auch: „Die Schüler sind nach der Projektwoche richtig erschöpft und froh, mal wieder einen Gang zurückschalten zu können und nicht alles im Kopf haben zu müssen.“

Die meisten Patienten sehen das Führungsprojekt positiv und profitieren sogar davon: Weil mehr Schüler auf der Station sind, als für gewöhnlich Pfleger und Schwestern, können sie mehr Zeit bei einem Patienten verbringen. Das genießt auch Johann Andreesen und lässt sich gerne von den Schülern den Blutdruck messen — das beherrschen sie schließlich aus dem Effeff.